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- Bauliche Veränderungen in der Folgezeit
Zur Ortsgeschichte
Eine Kirchgemeinde, die noch keine war
Eigenständige Kirchgemeinde Pöhla – Ist das Ziel erreicht?
Der Bau der Kirche und ihre Innengestaltung
Ausblick
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Der Bau des Glockenturmes auf dem Friedhof zu Pöhla
Das Foto stammt von einer Glasplatte aus dem Jahre 1908
Bereits am 15. September 1933, der Turm mit Turmspitze war vollendet, wurden auf die Turmspitze die Kugel mit den Urkunden der Baugeschichte und das Kreuz aufgesetzt. Die Klempner Demmler und Gehlert verrichteten dieses Werk. Damit erreichte die Pöhlaer Kirche eine Höhe von 32 m. Das Datum des 15. Septembers ist doppelt bedeutsam, denn Kreuz und Kugel auf dem Kirchturm sind erstens das „Wahrzeichen“ von Pöhla. Zweitens ist dieser Tag der Kreuzerhöhung zum Stichtag des jährlichen Kirchweihfestes geworden. Seit 1934 begehen die Pöhlaer an diesem Tag oder am darauffolgenden Sonntag die Kirchweih.
ICH BIN BEI EUCH ALLE TAGE
BIS AN DER WELT ENDE.
20. November 1933 – Die Kirchweihe.
Der schönste Schmuck der Lutherkirche in
Pöhla wird die lebendige Gemeinde in ihr sein.
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden
an der Kirchraumwand zwischen den Fenstern angebracht.
Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte lässt sein Leben
für die Schafe, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen
das ewige Leben.
ICH BIN BEI EUCH ALLE TAGE
BIS AN DER WELT ENDE.
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Matthäus 18, 20)
verlassen. Sie sind am Altar der Lutherkirche zu lesen:
Siehe, ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende.
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Die erwähnte Sankt-Peter-und-Pauls-Kirche ist unsere jetzige Sankt-Barbara-Kirche. Kirchenbauliche Untersuchungen haben gezeigt, dass unsere St.Peter-und-Pauls-Kirche bereits eine stattliche Kirche war: Die Mauern des heutigen Kirchenschiffs stammen zum großen Teil von 1250. Unsere jetzige Kirche weist eine Reihe von Kennzeichen des romanischen Baustils auf, der um 1250 für Dorfkirchen noch bestimmend war:
Nur wenige kleine Fenster ließen Licht ins Innere der Kirche. Eine solche ursprüngliche, später zugemauerte Fensterlaibung ist heute noch an der Südwand zu sehen. Außerdem ist typisch, dass der Eingang nicht – wie später üblich – im Westen ist, sondern in der dem Dorf zugewandten Langseite der Kirche.
„Anno 1265 verglich ... Abt Albert II. die zwischen dem Pleban (alte Bezeichnung für Pfarrer) Paul zu Marckersbach und seinen Pfarr-Kindern daselbst entstandene Zwistigkeiten wegen der Kirchengebühren.“
Die selbstständige Kirchgemeinde Markersbach ist als sog. Urpfarre älter als alle umliegenden Kirchgemeinden. Nach Osten und Süden ist das Gebirge überhaupt noch nicht besiedelt gewesen, Schwarzbach im Norden gehörte zu Markersbach. Raschau wurde vom Kloster Grünhain versorgt.
Der wiedergefundene Text der Ablass- und Wallfahrtsbulle unserer Kirche vom 28. Dezember 1500 gibt uns einen wichtigen Hinweis: Unsere Kirche wird darin bereits ganz selbstverständlich als Pfarrkirche Sankt Barbara bezeichnet.
Warum wechselt man aber den Namen einer Kirche? Doch nicht nur deshalb, weil die heilige Barbara unter den Bergleuten so beliebt war! Die Namensgebung einer Kirche hat ja mit ihrer Weihe zu tun. So bekam die Kirche bei ihrer Weihe 1250 den Namen St.Peter und Paul. Der Namenswechsel muss also mit einer erneuten Weihe der Kirche in Verbindung stehen. Und dafür ist wiederum die Voraussetzung, dass die Kirche zuvor durch irgendein Ereignis entweiht worden ist. Schauen wir ins 15. Jahrhundert, kommt eigentlich nur ein Ereignis in Frage: Die Hussitenkriege!
Der Chronist und Scheibenberger Pfarrer Christian Lehmann berichtet in seiner Kriegschronik vom Einfall und von verheerenden Zerstörungen der Hussiten in unserer Gegend: 1429 zerstörten sie die Stadt und das Kloster Grünhain und viele weitere Orte des oberen Erzgebirges. Die Hussiten waren ja nicht nur einfache Krieger oder Räuber. Sie waren eine fanatische Truppe, in der sich tschechischer Nationalismus mit religiösen Vorstellungen verband: Die Hussiten lehnten alle Bilder in Kirchen ab und zerstörten sie deshalb aus religiösem Fanatismus („Bilderstürmer“). Da die Hussiten vom deutschen Kaiser und von der Katholischen Kirche bekämpft wurden, richtete sich ihr Hass gegen alles Deutsche und Katholische. Die Schändungen und Entweihungen von Kirchen begleitete deshalb ihren Siegeszug durch Böhmen und Sachsen. Als Beispiel dafür schreibt Christian Lehmann in seiner Kriegschronik über die Crottendorfer Kirche, dass die Hussiten sie „durch Mord und Unzucht entweiht haben, so daß sie der Bischof von Meißen wieder neu einweihen mußte“.
In der christlichen Kirche lebt dieser Brauch fort. Christen pilgern zu den Orten, an denen Jesus gewirkt hat: In Bethlehem wurde deshalb dort, wo die Krippe einst stand, die Geburtskirche und in Jerusalem die Grabeskirche auf dem Berg Golgatha gebaut. Aber auch die Gräber der Apostel und Märtyrer waren den Christen heilig. Über ihnen wurden Kirchen gebaut. Besonders an den Todestagen der Märtyrer pilgerte man in diese Kirchen. Denn der Todestag ist der Tag des Eingangs in den Himmel.
Im ausgehenden Mittelalter nahm das Wallfahrtswesen allerdings immer größere Ausmaße an. Es verband sich mit dem Ablasswesen. Für eine Wallfahrt wurde ein Ablass gewährt. D.h. eine Wallfahrt galt als gutes Werk, durch das man eine Verkürzung der Sündenstrafen im Fegefeuer erlangen konnte. Weil eine Wallfahrtskirche auch materiellen Gewinn aus den Wallfahrten zog, bemühten sich viele Gemeinden, die Geld für den Kirchenbau benötigten, um den Status einer Wallfahrtskirche. Solches taten z.B. die Annaberger für den Bau ihrer St.Annen-Kirche. Auch unsere St.Barbara-Kirche erhielt im Jahre 1500 eine sog. „Ablass- und Wallfahrtsbulle“. Die Ablass- und Wallfahrtsbulle ist von Johannes Klinger in Rom erworben worden. Die Kirche wird in dieser Zeit meist nach dem unmittelbar benachbarten Mittweida benannt, weil dieses größer als Markersbach war. Wahrscheinlich war nur Mittweida auf den Karten der damaligen Zeit eingezeichnet, so dass die Kurie in Rom, die die Ablassbriefe ausstellte, mit der Ortsangabe Markersbach nichts hätte anfangen können.
Trotz dieser guten Auswirkungen der Wallfahrten für den Kirchenbau barg der Ablass die Gefahr in sich, dass der Glaube zu einem Geldgeschäft verkam, und der Gläubige sich auf seine frommen Leistungen verließ und nicht auf das Opfer, das Jesus Christus für uns am Kreuz gebracht hat. Daran musste Martin Luther die Kirche erinnern. Das war der Anlass zur Reformation.
Dieser Ruf erschütterte Kirche und Volk. Schnell verbreitete sich die evangelische Lehre in Deutschland. Auch im Kloster Grünhain wurde sie bekannt, und so wird berichtet, dass 1522 sechzehn Mönche das Kloster verließen, um evangelisch zu werden. Das Kloster selbst hat wohl zu sehr am Reichtum gehangen, um diesen Schritt zu tun. Das wird ihm drei Jahre später zum Verhängnis: Im Zuge des Bauernkrieges wird das Kloster 1525 von aufständischen Bauern erobert, geplündert und stark beschädigt. Ein Teil dieses Bauernheeres kam auch durch Markersbach. Christian Lehmann berichtet über darüber in seiner Kriegschronik:
Unter Pfarrer Fleughaus wurde 1539 der Streit zwischen den Markersbachern und den Mittweidaern beigelegt. Auch letztere wurden evangelisch.
An den Emporen ist der Gemeinde eine Bilderbibel gegeben: Es beginnt auf der oberen Empore mit Geschichten aus dem Alten Testament, angefangen bei der Erschaffung der Welt. Die Empore darunter fährt mit dem Neuen Testament fort. An der Südempore finden sich Darstellungen der sog. 12 „kleinen“ Propheten („klein“, weil von ihnen nur kurze Bücher in der Bibel stehen) und einiger Apostel. Das erinnert die Gemeinde daran, dass die Kirche immer auf dem Grund der Apostel und Propheten bleiben muss, will sie nicht zu einer Sekte werden. 1663 wurde auch eine erste Orgel angeschafft. Erst seit dem Umbau 1660/62 gab es ja die Orgelempore im Westen. Bei der Verlängerung des Kirchenschiffes wurden auch die vier hinteren Deckenbilder gemalt. Sie stellen Szenen aus dem Alten Testament dar, die allesamt eines aussagen wollen: Der Himmel ist offen, Gott ist uns nah, wenn wir Gottesdienst feiern.
Der Erste Weltkrieg brachte das Ende einer Epoche, die mit der Reformation begonnen hatte: Martin Luther war auf die Hilfe der Landesfürsten angewiesen. Sie wurden zu einer Art „Notbischöfe“ in der evangelischen Kirche. Manche Fürsten haben sich auch sehr um die Kirche bemüht. Dennoch entspricht die enge Verbindung von weltlicher und kirchlicher Macht nicht dem Evangelium. Diese enge Verbindung von Thron und Altar (Staat und Kirche) wurde durch die Folgen des Ersten Weltkrieges beendet.
Die neue Selbstständigkeit eröffnete der Kirche große Chancen. Die Kirche musste lernen, dass sie sich nicht auf den Staat oder politische Mehrheiten verlassen darf, sondern allein auf ihren HERRN Jesus Christus und Sein Evangelium. Das 20. Jahrhundert brachte auch unserer Kirchgemeinde Herausforderungen und Kämpfe, in denen sich dieses Vertrauen auf Jesus bewähren musste.
Die Kirche 1929 sowie die beiden Buntglasfenster, die Jesus als den guten Hirten und Johannes den Täufer zeigen.
In dieser Notsituation beschloss Pfarrvikar Reichler mit dem Kirchenvorstand einen Weg zu gehen, der von den Kirchenbehörden als Kampfansage verstanden werden musste: Er ließ sich am 29. Mai 1938 im Gottesdienst in unserer Kirche von dem bekenntnistreuen Superintendent Hammerschmidt aus Werdau ordinieren. U.a. assistierte dabei auch Pfarrer Rothardt aus Scheibenberg, der ebenfalls zur BK gehörte. Obwohl 90% der Kirchgemeinde auf Pfarrer Reichlers Seite standen, wie auch die große Mehrheit des Kirchenvorstandes, gab es eine kleine Minderheit, die diesen Vorgang beim Superintendenten in Aue anzeigten. Bereits am 30. Mai wurde Pfarrer Reichler vom Präsidenten des Landeskirchenamtes aus dem Dienst der Landeskirche entlassen und musste das Pfarrhaus binnen eines Monats verlassen.
Der Superintendent setzte einen alten DC-Pfarrer als Vertretung ein. Daraufhin begann die Gemeinde einen „Kirchenstreik“: Kaum einer besuchte die sog. „Gottesfeiern“. Stattdessen ging man nach Scheibenberg in den Gottesdienst. Außerdem setzte der Kirchenvorstand durch, dass zumindest einmal im Monat ein bekenntnistreuer Pfarrer aus der Ephorie einen Gottesdienst in unserer Kirche am Sonntagnachmittag halten durfte. Diese Gottesdienste waren dann sehr gut besucht! Pfarrer Reichler blieb zunächst im Pfarrhaus und wurde dann mit seiner Familie von Familie Richard Kreher in Unterscheibe aufgenommen. Von dort aus kümmerte er sich weiter um die Kirchgemeinde. Auch die Gemeinde sah in ihm ihren rechtmäßigen Pfarrer. Er besuchte Alte und Kranke, er hielt Kindergottesdienste und Bibelstunden in Privathäusern. Besondere Unterstützung erfuhr er auch durch die Landeskirchliche Gemeinschaft. Im Gemeinschaftshaus predigte er. Der Gemeinschaftsleiter Alfred Müller war auch stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes. Weil er mutig zu Pfarrer Reichler hielt, wollte der Superintendent ihn ebenfalls absetzten. Weil Pfarrer Reichler keinen Konfirmandenunterricht erteilen durfte, gingen die meisten Konfirmanden zu Pfarrer Rothardt in den Unterricht und wurden in Scheibenberg konfirmiert.
Doch die DC gaben nicht auf. Der Superintendent erreichte zusammen mit dem Landeskirchenamt, dass doch ein DC-Pfarrer nach Markersbach kam: Am 1. Mail 1939 begann Pfarrer Pohl seinen Dienst. Aber auch er wurde von der Gemeinde nicht akzeptiert. Zwar wurde Pfarrer Reichler im Oktober 1939 zur Wehrmacht einberufen. Aber die Freude Pohls und der DCler über diesen scheinbaren Sieg dauerte nicht lange: Im Februar 1940 bekam Pohl starke Erstickungsanfälle und konnte kaum noch sprechen, so dass er „fluchtartig ein besseres Klima aufsuchen“ musste, wie er selbst schreibt. Er kehrte zurück in seine Heimat Österreich und trat nach seiner Genesung dort in den Pfarrdienst ein.
Die klare, bekenntnistreue Haltung der Kirchgemeinde hat also schließlich alle Versuche, Markersbach in die Hände eines DC-Pfarrers zu geben, überwunden. Die Kirchenleitung musste nachgeben und entsandte am 16. November 1941 den bekenntnistreuen Pfarrer Gerhard Michael nach Markersbach. Da er aber noch als Soldat am Krieg teilnehmen musste, konnte er den Dienst in Markersbach erst am 16. Mai 1945 antreten. Bis dahin wurde unsere Kirchgemeinde von den Pfarrern Neubauer aus Grünstädtel und Hammerschmidt aus Neuwelt betreut.
Die Nachkriegszeit war auch für Markersbach eine harte Zeit: Die Männer waren z.T. im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft. Die Wirtschaft lag am Boden. Ein politisches System war zusammengebrochen. Wie sollte es weitergehen? In diesen Jahren – auch durch die Erlebnisse des Krieges – fanden viele wieder zurück zum christlichen Glauben. Alles andere war erschüttert oder zusammengebrochen – da merkte man auf einmal wieder, was wirklich trögt und hält. Die Kirche war voll. Der Hunger nach Gottes Wort war groß. In Pfarrer Michael hatte die Gemeinde einen Hirten, der es wirklich ernst meinte und der sich für die geistliche Erneuerung der Gemeinde aufopferte.
Seit 1942 hatte unsere Kirche keine Glocken mehr. Sie waren zu Rüstungszwecken im ganzen Land eingesammelt und eingeschmolzen worden. Unter großen Opfern der Gemeindeglieder – mancher hatte seine wertvollen Familienzinnteller oder -kannen gespendet, denn es gab in dieser Zeit ja keine Rohstoffe zu kaufen – konnten am 18. Dezember 1949 die neuen Glocken eingeweiht werden. Unsere Kirche hat seither ein dreistimmiges Geläut. Die Glockensprüche lauten: für die kleine Tauf-Glocke: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig“, für die mittlere Gebets-Glocke: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“, für die große Toten-Glocke: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“ Und so rufen noch heute diese drei Glocken zum Glauben, zum Beten und unter Gottes Wort. Wenn sie umsonst rufen würden, dann wäre auch die ganze Mühe und das Opfer für die Beschaffung der neuen Glocken umsonst gewesen
In diesen Jahren kamen viele Christen zu der Überzeugung, dass unser Volk eine grundlegende Umkehr zu Gott vollziehen muss. Gottes Heiliger Geist schenkte vielen Gemeinden unserer Landeskirche eine tiefgehende Sündenerkenntnis. Sie entdeckten die befreiende Kraft der Beichte ganz neu. Gottes Geist belebte auch das Gebet, so dass sich vielerorts Gebetskreise bildeten. So auch bei uns in Markersbach: Etwa 70 Gemeindeglieder sammelten sich mit Pfarrer Michael in solch einem Kreis. Weil dieser Kreis durch gemeinsame Glaubenserfahrungen ein starkes Gemeinschaftsgefühl entwickelte, wurde er vom Rest der Gemeinde mit Sorge und z.T. mit Misstrauen beobachtet; wusste man doch um die Gefahr der Abspaltung – gerade in Markersbach – nur zu gut. Seit 1950 polarisierte sich das Gemeindeleben deshalb in Anhänger und Kritiker dieses Kreises. Dazu trug auch bei, dass Pfarrer Michael unter dem Einfluss der „Philadelphia-Bewegung“ des Christian Röckle aus Leonberg (Württemberg) stand.
Die weitere Entwicklung wurde damals von Kantor Josiger genau dokumentiert. Sie ist tragisch, zeigt sie doch, wie in eine Bewegung des Heiligen Geistes fremde Geister eindringen können, wenn man das Bekenntnis der Kirche verlässt. Das geschah Ostern 1952: Eine sog. „Prophetin“ der Philadelphia-Bewegung, Hanna Faiß, kam aus dem Schwarzwald, um in unserer Kirche Evangelisationsvorträge zu halten. Kantor Josiger schreibt über sie:
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit starker Anteilnahme und großer Sorge habe ich die Vorgänge verfolgt, durch die das kirchliche Leben in Eurer Gemeinde in letzter Zeit beunruhigt worden ist. Dabei sind einzelne Gemeindeglieder in ihrem Glauben irregeleitet und in ihrem Gewissen verwirrt worden. Den eigentlichen Anlaß dazu hat Euer bisheriger Ortspfarrer Gerhard Michael gegeben, der mir seit langem wohl bekannt ist und den ich in der Zeit des Kirchenkampfes unter der nationalsozialistischen Herrschaft um seiner tapferen Glaubenshaltung und seiner freudigen Einsatzbereitschaft willen persönlich liebgewonnen und hoch geschätzt habe. Um so schmerzlicher ist es mir und meinen Brüdern in der Kirchenleitung, daß er uns jetzt erklärt hat, er sei zu ‚Erkenntnissen geführt worden, die weder mit der Tradition noch mit der heutigen Auffassung der Ev.-Luth. Kirche von Lehre und Ordnung in Einklang zu bringen waren.“ Das ist am deutlichsten sichtbar geworden in der Tatsache, daß er an sich und an seiner Familie die sogenannte „Glaubenstaufe“ hat vollziehen lassen. Dadurch hat er sich, wie er selbst schreibt, „offenbar in Widerspruch nicht nur zum Bekenntnis, sondern auch zu der heutigen Lehre und Ordnung der Ev.-Luth. Kirche gesetzt.“ Es war eine betrübliche, aber unausweichliche Folge, daß er daraufhin sein Amt als Pfarrer niederlegte und wir ihn aus dem Dienst unserer Kirche entlassen mußten.
Worin besteht nun der grundlegende Gegensatz zwischen der Auffassung, die Pfarrer Michael und seine Freunde vertreten, und der Lehre der Heiligen Schrift, wie sie Gott durch die Reformation wieder ans Licht gebracht hat? Ich möchte Euch, liebe Brüder und Schwestern, diesen Gegensatz an dem Beispiel der Heiligen Taufe aufweisen:
Die sogenannte „Glaubenstaufe“, die bei Euch vollzogen worden ist an Gliedern unserer Kirche, die schon als Kinder getauft wurden, ist eine Wiederholung der Taufe. Wer die Taufe bei anderen wiederholt oder an sich selbst erneut vollziehen läßt, erklärt sich auf jeden Fall gegen die Gültigkeit der in der Kirche vollzogenen Taufe. Er weicht damit in zweifacher Weise von unserem ev.-luth. Glauben ab. [...]
Ihr werdet verstehen, daß hier tatsächlich die Irrlehre gegen die rechte Lehre steht. Ich kann nur dem zustimmen, was die theologische Fakultät einer deutschen Universität in einem Gutachten geurteilt hat: ‚Die Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit der Taufe steht in der ganzen Kirchengeschichte und in allen christlichen Konfessionen außer Diskussion ... Die evangelische Kirche würde das reformatorische Verständnis des Evangeliums verleugnen, wenn sie nicht die Taufe eines Erwachsenen, der schon einmal als Kind getauft war, als Wiedertaufe und damit als Irrglauben kennzeichnete.’
So ermahne ich nun ganz dringend alle diejenigen Gemeindeglieder unter Euch, die die Wiedertaufe empfangen haben oder sich mit dem Gedanken tragen, sich wiedertaufen zu lassen: Sagt diesem Irrglauben ab und haltet Euch wieder treulich zur Gemeinde Gottes und Seines Sohnes Jesu Christi in unserer teuren Evangelisch-Lutherischen Kirche! Versammelt Euch fleißig unter Gottes Wort, wo es lauter und rein verkündigt wird, und gebraucht die heiligen Sakramente, wo sie dem Worte Gottes und dem Bekenntnis unserer Glaubensväter gemäß recht verwaltet werden. Wer trotzdem bei dieser Irrlehre verharrt, muß wissen, daß er uns zwingt, ihn zu denen zu zählen, die sich selbst von unserer Kirche getrennt haben.
Unser Herr Christus hat – uns allen zum Vorbild, zum Trost und zur Freude – so gebetet: „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, daß sie eins seien gleichwie wir.“ (Joh 17,11). So wollen auch wir alle, Ihr als die Evangelisch-Lutherische Gemeinde in Markersbach und wir als die Kirchenleitung, in herzlicher Fürbitte der Brüder und Schwestern gedenken, die sich noch von uns getrennt halten, und miteinander beten:
‚Erfülle mit dem Gnadenschein, die in Irrtum verführet sein, auch die so heimlich noch ficht an in ihrem Sinn ein falscher Wahn. Und was sich sonst verlaufen hat von dir, das suche du mit Gnad, und ihr verwundt Gewissen heil, laß sie am Himmel haben teil.’ Amen.
Es grüßt Euch als Euer Landesbischof mit dem apostolischen Segenswort: „Und nun, liebe Brüder, befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu erbauen und zu geben das Erbe unter allen, die geheiligt werden.“
Amen
Radebeul, den 13.8.1952
(gez.) D.Hahn.“
1953 begann in der DDR der staatliche Kampf um die Jungen Gemeinden. Wieder einmal versuchte ein totalitärer Staat die Jugend zu gewinnen – nach dem Motto: „Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ – auch wenn es sich in den meisten Fällen nicht um offene Gewalt, sondern um subtilere Formen der Gewalt, wie Verächtlichmachung von christlichen Schülern und Benachteiligung bei der Berufswahl handelte. Ein teuflisches Mittel in diesem Kampf um die Jugend war die Einführung der „Jugendweihe“ im Jahr 1954. Nahmen zuerst weniger als 20% der Jugendlichen daran teil, steigerte der Staat diesen Prozentsatz auf schließlich 98%, in dem er die Jugendweihe zur Voraussetzung für die meisten Berufe machte. Diese Zahlen gelten für das gesamte Gebiet der DDR. Bei uns wie auch im ganzen Erzgebirge war der Staat nicht so erfolgreich. Viele Christen nahmen lieber Nachteile in Kauf, als Schaden an ihrer Seele zu nehmen. In den ersten Jahren kämpfte die Kirche sehr gegen die Jugendweihe. Da die Jugendweihe eindeutig ein atheistisches Gegenstück zur Konfirmation war, konnten Jugendgeweihte nicht gleichzeitig konfirmiert werden. Später lockerte die Kirche ihre Haltung und erlaubte die Nachkonfirmation ein Jahr darauf.
Von 1969 bis 1984 war Pfarrer Karl-Heinz Schmidt Pfarrer in Markersbach. Pfarrer Schmidt hatte die besondere Gabe des „geistlichen Humors“. In einer Zeit, in der viele Menschen vom Absterben der Kirche sprachen, hat er den Sieg Jesu über Sünde, Tod und Teufel verkündigt. Und schon die ersten Christen kannten das Osterlachen über den besiegten Teufel – denn: Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Seit jeher ist Markersbach eine musikalische Kirchgemeinde. Treue und engagierte Kantoren trugen dazu bei. Von 1982 bis 2000 war Kantor Hermann in der Miebe. Die politische Wende, die schließlich zur Wiedervereinigung unseres Volkes führte, wurde auch in Markersbach von Christen angestoßen und mitgetragen: Unser Pfarrer Uhlig war dabei gemeinsam mit Pastor Hunger von der Methodisten-Gemeinde aktiv. In großer Treue wurde auch in dieser Wendezeit das Wort Gottes wie Samenkörner in die Herzen gesät. Manche Träne wird die Aussaat begleitet haben, vor allem aber das flehende Gebet um reiche Ernte: Möchten doch viele Menschen in unserem Ort zum lebendigen Glauben an unseren HERRN Jesus Christus kommen!
Am 16. Juli 1995 erlebte die Kirchgemeinde seit 42 Jahren wieder eine Ordination: Unter Gebet und Handauflegung wurde Gaston Nogrady von Superintendent Kircheis unter Mitwirkung von Pfarrer Karl-Heinz Schmidt und Pfarrer Reinhard Sander zum Pfarrer ordiniert.
Gott baut seine Gemeinde durch Seinen Segen. Mit dieser Zuversicht gehen wir in die Zukunft. Auf dem Fundament der Apostel und Propheten, auf dem die Vorfahren treu die Kirche Gottes gebaut haben, wollen wir weiterbauen.
„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“
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Die Chronik der Kirche zu Pöhla
Zur Ortsgeschichte
Ein dunkler Wald überzog das Erzgebirge bis zu seiner Besiedlung im 11. und 12. Jahrhundert, so dass der Besiedlung dieses unbewohnten Gebirges Rodungen vorausgehen mussten. Damit liegt die genaue Entstehung Pöhlas im Dunkel des Miriquidi (lat. dunkler Wald). Pöhla entstand an den Ufern beidseits des Pöhlwassers. Der slawische Name des Baches lautet „bela woda“, helles Wasser. Auch der Ortsname geht auf das slawische „bela“ zurück und bedeutet soviel wie „Die Helle“. Das Gebiet wurde von fränkischen und thüringischen Bergleuten besiedelt, die zugleich auch das Land bestellten.Das Pöhlwasser trennte die eigenständigen Orte Kleinpöhla und Großpöhla voneinander. Kleinpöhla gehörte zur Herrschaft der Stadt Schwarzenberg; Großpöhla dagegen zur „Schönburgschen Herrschaft“. Die erste urkundliche Erwähnung fand der Ort im Jahr 1238. Dann findet sich erst wieder im Jahr 1396 ein urkundlicher Hinweis auf Pöhla, und zwar in Verbindung mit einer Streitsache der Witwe Kriegerinne.
Als 1470 das große „Berggeschrei“ das Erzgebirge erreichte, ging es auch nicht spurlos an Pöhla vorüber. Aufgrund der Silberfunde entstanden mehrere Stollen bzw. Bergwerke, so zum Beispiel die Grube „Neusilberhoffnung“. Infolge der Entwicklung des Bergbaus im Ort kam es zur Herausbildung von Hammerwerken. In Kleinpöhla entstand der Pfeilhammer, in Großpöhla der Biedermannsche Hammer (Siegelhof). In diese Zeit fällt auch die Gründung der Brauerei. Sie geht zurück auf die Schönburgsche Verschreibung vom 5. April 1533.
Der Bergbau und die Hammerwerke bestimmten in der Folgezeit das Leben in Pöhla und Umgebung, da ein Großteil der Bevölkerung seinen Lebensunterhalt daraus bezog.
Der Bauernkrieg hatte auf Pöhla nur geringe Auswirkungen. Es sind keine Kriegshandlungen im Ort oder der Umgebung bekannt. In den Archiven findet sich lediglich ein Brief der Pöhlaer und Mittweidaer Bauern an die Crottendorfer Bauern. Darin war die Anfrage enthalten, welche Maßnahmen man ergreifen wolle und ob man sich am Krieg beteiligt.
Der 30-jährige Krieg war schlimmer. Pöhla wurde insbesondere von 1636 bis 1647 mehrfach durch schwedische, kaiserliche und kursächsische Truppen besetzt, über Wochen und Monate geplündert und gebrandschatzt. Die einfallenden Truppen machten auch vor der Bevölkerung nicht halt. Sie schändeten die Frauen und folterten die Männer. Die Produktion in den Hammerwerken war in dieser Zeit auf den Krieg ausgelegt und bestand hauptsächlich aus Stabeisen.
Im Jahr 1684 errichteten die Pfeilhammer-Herren das Herrenhaus. Dieses wurde in der Folgezeit durch Neben- und Wirtschaftsgebäude erweitert. In der Nacht vom 29. zum 30. Mai 1802 wurde das Herrenhaus samt aller Wirtschaftsgebäude durch ein Großfeuer vernichtet. Das Herrenhaus wurde wieder aufgebaut.
Noch heute findet sich über der Eingangstür ein Hinweis auf die Ereignisse im Mai 1802:
Um Mitternacht vom 29. zum 30. Mai 1802 wurden durch die zu erst entzündete Staabhütte sämtliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf hiesigem Hofe nebst Brauer, Branntweinhaus mit Mobilien und Vorräthen ein Raub der Flammen und durch die Zimmermstr. L. Gross und C. F. Gross und Mauermstr. C. F. Schubert in 5 Jahren bis 1806 wieder erbauet von C. H. v. E.
Nach 1855 wurden die beiden Ortsteile Klein- und Großpöhla vereinigt und erhielten eine gemeinsame Verwaltung. Es ist nicht bekannt, welche Gründe zu diesem Schritt veranlassten. Die Einwohnerzahl wird im Jahr der Vereinigung mit 1489 beziffert.
Im Jahre 1856 erhielt Pöhla einen eigenen Friedhof. Dazu wurde das Brücknersche Feld erworben. Zuvor, wohl bis zur Reformation, wurden die Toten in Crottendorf beerdigt und später in Grünstädtel. Der Pöhlaer Friedhof wurde am 24. Juni 1856 geweiht. Das erste Begräbnis fand am 27. Juni 1856 statt.
Man erreichte den Friedhof über die Leichengasse. Der Eingang befand sich zuerst dort, wo sich heute die Friedhofshalle befindet. Damals stand neben dem Eingang nur eine einfache Leichenhalle.
Im Jahre 1908 wurde neben der Leichenhalle der Glockenturm errichtet.
Der Bau des Glockenturmes auf dem Friedhof zu Pöhla
Das Foto stammt von einer Glasplatte aus dem Jahre 1908
Im Zusammenhang mit dem Erwerb des Kirchengrundstücks wurde im Jahr 1931 ein neuer Zugang zum Friedhof über die Gottesackerstraße geschaffen. Es entstand das schmiedeeiserne Eingangstor mit den beiden Säulen.
Die jetzige Friedhofshalle wurde im Jahr 1938 an Stelle der Leichenhalle und des Glockenstuhls errichtet. In der Folgezeit hat man das Gebäude mehrfach umgebaut und saniert, letztmalig 2011.
Anfang des 20. Jahrhunderts stellte man fest, daß die Räumlichkeiten der beiden alten Schulen nicht mehr ausreichten. Zur damaligen Zeit wurde in der alten Schule am Schulanger und der alten Gemeindeverwaltung (heute Wohnhaus gegenüber der Schule) unterrichtet. Im Jahr 1908 wurde der Beschluss zum Neubau einer größeren Schule gefasst. Die Einweihung erfolgte am 19. August 1909.
Eine Kirchgemeinde, die noch keine war
Vier Jahrhunderte vor der Gemeindegründung der Kirchgemeinde Pöhla hatte man einen weiten Weg vor sich, wollte man sonntags den Gottesdienst besuchen. Von Kleinpöhla aus musste man nach Schwarzenberg und von Großpöhla nach Markersbach gehen, um Gottes Wort zu hören. Die politische Zugehörigkeit entschied über die Zugehörigkeit zu einer der Nachbarkirchgemeinden. Von Pöhla aus nach Schwarzenberg oder nach Markersbach laufen? Wer würde heute bei Wind und Wetter, Regen und Schnee solch einen Weg auf sich nehmen, um einen Gottesdienst zu besuchen.
So ist es nicht verwunderlich, dass – nachdem Kleinpöhla der Parochie Grünstädtel zugeordnet wurde – auch die Bewohner von Großpöhla sich freiwillig dieser Parochie angeschlossen haben. War doch der Weg zur „Kleinen St. Anna“ in Grünstädtel wesentlich bequemer und vor allem kürzer.
Als 1719 die „Kleine St. Anna“, diese alte Wallfahrtskirche, abgerissen werden musste, erwachte der Wille zu kirchlicher Selbständigkeit, und man reichte einen Bauplan für eine dem Dorf Pöhla näher gelegene Kirche von gutem Aussehen bei der zuständigen Baubehörde ein. Vergebens, die Staatsminister in Dresden verweigerten die Baugenehmigung. So wurde die neue Kirche wieder an der alten Stelle in Grünstädtel gebaut und 1724 geweiht.
Der Kirchweg nach Grünstädtel blieb, aber der Wille zu kirchlicher Selbständigkeit ruhte nicht. Der Weg dorthin gestaltete sich lang und schwierig.
Im Jahre 1769 wurde in der neuerbauten Schule, mitten im Dorf, im Obergeschoss ein Betsaal als gottesdienstliche Stätte eingerichtet.
Die jeweiligen Pfarrer in Grünstädtel versorgten die Gemeindeglieder von Pöhla durchaus gut. Die Pöhlaer Gemeindeglieder besuchten ihrerseits wiederum die Gottesdienste in Grünstädtel regelmäßig, denn nie war die „Pöhlaer Seite“ in der Kirche unbesetzt, im Gegenteil, sie war sogar gut besucht.
Zum Osterfest 1921 erhielt Pöhla einen eigenen Kantor, der zugleich Oberlehrer am Ort war. Kantor Georgi engagierte sich für den Zusammenhalt in der Gemeinde und für deren Aufbau. Am 27. Januar 1922 wurden der Pöhlaer Kirchenchor und eine Kurrende gegründet. Diese junge Kantorei tat ihren Dienst vor allem bei Beerdigungen.
Eigenständige Kirchgemeinde Pöhla – Ist das Ziel erreicht?
Am 11. März 1928 fand die erste Sitzung der neu gewählten Kirchgemeindevertretung, die zwölf Mitglieder zählte, statt. Von ihr wurde am gleichen Tage der erste Kirchenvorstand von Pöhla gewählt, dem auch der damalige Bürgermeister des Ortes angehörte. Die Themen, die auf den Tagesordnungen der ersten Sitzungen standen, betrafen die Selbständigkeit der Kirchgemeinde und den Wunsch nach einer eigenen Kirche. So wurde dann nach eingehender Beratung auch bereits ein Grundstück für Kirche und Pfarrhaus besichtigt.Auch an die Finanzierung des Kirchbaus wurde gedacht. Es war bereits eine Baubeihilfe des Konsistoriums in Dresden zugesagt worden.
Am Sonntag, dem 1. Juli 1928, erfolgte die Auspfarrung von Pöhla aus der Kirchgemeinde Grünstädtel und damit die Gründung der Kirchgemeinde Pöhla mit 2.015 Kirchgemeindegliedern. Es war eine Kirchgemeinde mit einem Kirchenvorstand und einem Kantor, aber ohne Kirche, ohne Pfarrhaus und ohne Pfarrer. Und doch war es eine Kirchgemeinde, die lebte.
Wer sollte in der jungen Kirchgemeinde für die Gottesdienste verantwortlich sein? Weil die Kirchgemeinde Gründstädtel zu dieser Zeit vakant war, übernahm Pfarrer Bähr aus Raschau mit seinen Amtsbrüdern aus den Nachbardörfern die Dienste in der Kirchgemeinde, bis diese einen eigenen Pfarrer hatte.
Einen weiteren Schritt nach vorn in der Kirchgemeinde brachte der 15. April 1929. An diesem Tage wurde der Vikar Johannes Schwinger zum Dienst nach Pöhla abgeordnet. Bereits ein halbes Jahr später, am 13. Oktober 1929, wurde Pfarrer Joachim Ruff als erster Pfarrer in sein Amt eingewiesen. Beide Pfarrer wohnten zur Miete in Privathäusern, denn ein Pfarrhaus gab es noch nicht. Nun konnte an jedem Sonntag im Betsaal in der alten Schule Gottesdienst gefeiert werden.
Dies geschah oft in drangvoller Enge, denn im Betsaal standen nur 17 Holzbänke ohne Lehnen zur Verfügung. Darauf sollten weit über 200 Personen Platz haben.
Der Bau der Kirche und ihre Innengestaltung
Baugenehmigung
Am 16. Januar 1930 ging der erste Brief von Pfarrer Ruff, dem damaligen Gemeindepfarrer, an den Verein kirchlicher Kunst, in dem er sich um einen Kirch- und Pfarrhausbau bemühte. Darin bezog er sich auf das bereits gekaufte Baugelände beim Friedhof und bat um eine Beratung durch verschiedene Architekten. Daraufhin ließ der Pöhlaer Kirchenvorstand in der Zeit von 1929 bis 1933 eine Reihe von Bauzeichnungen und Kostenvor-anschlägen erarbeiten, die auf Wunsch des Kirchenvorstandes mehrfach geändert wurden. Auch Superintendent Nicolai setzte sich intensiv für den Pöhlaer Kirchbau ein. Bereits im Januar 1930 brachte er einen Einschubvorschlag, in dem er anregte, das „Pfeilhammer-Herrenhaus“, welches zum Verkauf kommen sollte, anzukaufen und umzubauen. Später stand ein ähnliches Angebot der „Volkshaus-Gaststätte“ (spätere Post). Dies wurde allerdings nicht für zweckmäßig und preiswert befunden. Außerdem genehmigte das Landeskonsistorium keine Beihilfen zu einem Umbau, sondern nur für einem Neubau. Doch wurde 1930 von der Kirchenbehörde in Dresden das Gesuch der Pöhlaer um die Genehmigung des Kirchbaus in Pöhla abgelehnt. Nach zahlreichen Änderungen der Baupläne und regem Schriftverkehr mit verschiedenen Architekten und der Kirchenbehörde in Dresden erhielt man dann doch im April 1933 die Baugenehmigung und eine Aussicht auf finanzielle Beihilfe. Die Baupläne beinhalteten ein Bethaus (Kirche genannt), das Pfarrhaus mit dem Konfirmandensaal (auch für Vereine) und Amtsräume, alles in einem Gebäudekomplex.
Erster Spatenstich
Am 12. Juni 1933, einem Montag, früh um 7 Uhr riefen die Glocken die Gemeinde zum Bau-Bittgottesdienst in den Betsaal. Alle, die am Bau beteiligt waren, kamen zusammen. Unter ihnen der Architekt Benirschke aus Chemnitz und der Baumeister Adler aus Schwarzenberg. Danach begaben sie sich gemeinsam auf das Baugelände. Dort wurde durch Pfarrer Ruff der 1. Spatenstich vorgenommen. Am Abend kam es zu einer „Völkerwanderung“ zum Baugelände hinaus, alle bestaunten den tatsächlichen Anfang. In Kürze rollten die Baumaterialien an, und die Erdarbeiten begannen. Nach einem zwischenzeitlich verordneten, kurzen Baustopp durch das Landratsamt Schwarzenberg, das eine Frontveränderung des Gebäudes in den Bauplänen verlangte, konnte der Bau weitergeführt werden.
Grundsteinlegung
Nach Ausführung der Erdarbeiten fand am 2. Juli 1933 die feierliche Grundsteinlegung statt. Zur Vorbereitung dieses festlichen Aktes wurde folgende Mitteilung herausgegeben:
Die Pöhlaer putzten sich für diesen Tag festlich heraus und feierten gemeinsam mit Glaubensgeschwistern aus Raschau, Markersbach, Grünstädtel, Schwarzenberg, Crandorf, Rittersgrün und Breitenbrunn.
Für eine etwa 2000-köpfige Gemeinde war dies ein unvergesslicher Jubeltag. Von der Holzkanzel hielt der Pfarrer eine Predigt zu Römer 2,4 und Inspektor Hoppe verlas eine Urkunde, die anschließend in den Grundstein vermauert wurde.
Richtfest und Glockenjubiläum
Etwa sieben Wochen nach der Grundsteinlegung fand am 22. August 1933 das Richtfest für die Kirche und das Pfarrhaus statt. Auf dem Balkongerüst des Doppelgebäudes prangten die Fichten und Kränze, standen die Baubelegschaft und der Kirchenchor.
Auf dem Turm, der bereits auf eine Höhe von 20 m angewachsen war, sah man unter vielen anderen den Ortspfarrer. Unter Mitwirkung des Posaunen- und des Kirchenchores nahm die Feier in Anwesenheit eines großen Teiles der Einwohnerschaft, der Kirchgemeindevertretung und der am Bau Beteiligten einen würdigen Verlauf. Zum ersten Male erklangen kirchliche Weisen vom Turm, sang der Kirchchor in der noch nicht durch das Dach geschützten Kirche und scharten sich Andächtige um das Gotteshaus.
Die Ansprache von Pfarrer Ruff wurde dadurch unterbrochen, daß jede Glocke des alten Glockenturmes noch einmal einzeln „zu Wort“ kommen sollte. Bis zum Einbruch der Dunkelheit sandten die Glocken Abschiedsklänge aus dem alten Turm. An diesem Jubiläumstag läuteten die Glocken letztmalig auf dem Gottesacker. Genau 25 Jahre zuvor, im August 1908, waren sie geweiht worden.
Unten auf der Gottesackerstraße standen hunderte Gemeinde-glieder und die Musikkapelle. Da die Kirche den Namen „Lutherkirche“ erhalten sollte, beendete man das Glockenjubiläum und das Richtfest mit dem Lutherlied: „Ein feste Burg ist unser Gott“. Die Fortsetzung des Festes erfolgte im „Deutschen Haus“ in Form eines Familienabends. Die gesamte Gemeinde strömte zu diesem Ereignis; der geräumige Saal vermochte die Menschen-massen kaum zu fassen. Der Posaunenchor trug mit der Darbietung einer Intrade zur nötigen Feststimmung bei. Danach hielt Oberlehrer Procop einen Vortrag zum Glockenjubiläum.
Kirchturmbau mit Kreuzaufrichtung
Der Bau eines Kirchturms wurde anfänglich durch die zuständige Behörde abgelehnt. Auf Grund zu hoher Kosten sollte nur ein Dachreiter genehmigt werden. Die Kirchen in Raschau, Markersbach und Breitenbrunn verfügten auch nur über einen solchen. Allerdings waren die Pöhlaer die „Annenkirche“ in Grünstädtel gewöhnt, diese hatte einen Turm. Nun errechnete man die Mehrkosten für den Bau eines Kirchturmes. Und kurzerhand wurde ein Kirchturmfonds gegründet. Diesen Beschluß fassten der Kirchenvorstand, der Pfarrer, der Bürgermeister, die Lehrer, die Gemeinde-verordneten und die Vereine bei „Schramms“ im Vereinszimmer. Es mußten Spendengelder in Höhe von 15 000 Reichsmark beschafft werden. Besondere Beträge kamen unter anderem von den Firmeneigentümern Harnisch (Brauerei), Lehmann (Eisenwerk „Pfeilhammer“) und dem Werkmeister Funk (Siegelhof). Die Bauleute verzichteten dafür sogar auf 5 bis 10 % ihres Lohnes. Darüber hinaus meldeten sich auch viele zur unentgeltlichen Arbeitsleistung, so gab es für sie einige Monate Abhilfe von der Arbeitslosigkeit. Auf diesem Wege bekam Pöhla seinen Kirchturm.
Bereits am 15. September 1933, der Turm mit Turmspitze war vollendet, wurden auf die Turmspitze die Kugel mit den Urkunden der Baugeschichte und das Kreuz aufgesetzt. Die Klempner Demmler und Gehlert verrichteten dieses Werk. Damit erreichte die Pöhlaer Kirche eine Höhe von 32 m. Das Datum des 15. Septembers ist doppelt bedeutsam, denn Kreuz und Kugel auf dem Kirchturm sind erstens das „Wahrzeichen“ von Pöhla. Zweitens ist dieser Tag der Kreuzerhöhung zum Stichtag des jährlichen Kirchweihfestes geworden. Seit 1934 begehen die Pöhlaer an diesem Tag oder am darauffolgenden Sonntag die Kirchweih.
Baufertigstellung
Am Kirchbau beteiligte sich die gesamte Gemeinde. Wer aus körperlichen Gründen dazu nicht in der Lage war, unterstützte die Arbeit durch das Gebet. Fast alle Pöhlaer Handwerksbetriebe arbeiteten beim Kirchbau mit.Es wurde fieberhaft an der Fertigstellung des Baus gearbeitet. Der Kirchenvorstand und insbesondere Pfarrer Ruff spornten immer wieder zur Arbeit an. Es mußten sogar Nachtschichten eingelegt werden, denn der Kirchbau sollte eigentlich bis zu Luthers Geburtstag am 10. November fertiggestellt sein. Da dies nicht zu schaffen war, sollte die Fertigstellung bis zum Ewigkeitssonntag erfolgen. Das Kunststück gelang: In nur neun Wochen wurde das Gebäude von immerhin 35 m Länge beschiefert, beleuchtet, verglast, gedielt, möbliert und beheizt. Das war nur zu schaffen, weil die Bauleute gleichsam mit der „Uhr in der Hand“ und dem Terminkalender in der Bauhütte arbeiteten.
Immer wieder trat man mit Bittgesuchen an bemittelte und wohlwollende Bürger in und um Pöhla heran, um sie zu Spenden zu bewegen. Zwei große Spenden seien hier stellvertretend erwähnt: Die Gebrüder Freitag spendeten 3 000 Reichsmark, und der Werkführer Funk steuerte 1 000 Reichsmark bei.
Die Pöhlaer führten sonntags auch ihre Besucher zur Baustelle. Am Kirchbauplatz standen junge Mädchen mit Sammelbüchsen und erbaten von jedem Beschauenden eine Spende.
Die Kosten für das Grundstück und den Bau der Kirche und des Pfarrhauses beliefen sich auf ca. 100 000 Reichsmark.
Innenausbau
Es wird berichtet, daß sämtliche Inneneinrichtungen Stiftungen waren:- das Altarfenster mit dem Auferstandenen und zwei Engeln, gefertigt vom Dresdner Künstler Eberhardt,
- die Turmuhr und die Zifferblätter,
- der Taufstein,
- die vier Fensterflügel der Vorhalle aus opalisierendem Glas mit den Abbildungen der vier Evangelisten,
- die Kanzel,
- das bronzebeschlagene Hauptportal mit einem Lutherrelief,
- das matt versilberte Altarkreuz,
- die sechs zinnernen Altarleuchter,
- die Paramente für Altar, Kanzel, Lesepult und Taufstein,
- das Lutherbild,
- das Bild der Mutterkirche Grünstädtel und
- die Altarbibel.
Die Kirchenbänke wurden zum Teil aus dem alten Betsaal übernommen. Diesen Bänken wurden die neuen Bänke angepasst. Die Kirche hat 320 Sitzplätze und zusammen mit dem Gemeinderaum, der durch eine „Harmonikawand“ abgeteilt ist, zirka 500.
Dem Altar gegenüber liegt die Orgelempore, die man durch die Turmtreppe erreicht. Der Auftrag zum Bau der Orgel wurde der Orgelbauanstalt Alfred Schmeisser in Rochlitz erteilt, weil sie die niedrigsten Kosten veranschlagte. Das Angebot unterbreitete die Firma am 18. Oktober 1933, und zwar nach der Überholung des Harmoniums im Betsaal. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß das Harmonium für den Kirchenraum unzureichend ist. Aufgrund der Baufeuchte konnte die Orgel im Herbst noch nicht eingebaut werden. In der Zeit zwischen Kirchweih und Orgelweihe stellte die Firma Schmeisser der Kirchgemeinde eine kleine ein-manualige Interimsorgel gegen Aufstell- und Transportkosten zur Verfügung. Durch den Einbau von Teilen einer kaum gespielten Orgel konnten die Kosten letztendlich noch gesenkt werden. Die Kosten für die Orgel und die Interimslösung beliefen sich auf 5 650,00 Reichsmark. Die Orgelweihe fand am 6. Mai 1934 statt.
Die erste Kanzel aus Holz stand auf einem Säulenfuß und besaß einen Schalldeckel. Sie war nur über eine Treppe aus der Sakristei zu erreichen.
Der Altar war aufgrund von Geldmangel nur als Provisorium gebaut worden. So fehlte beispielsweise auf dem Rand des Altartisches die heutige Inschrift:
BIS AN DER WELT ENDE.
Einweihung der Lutherkirche
Obwohl die Orgel noch nicht eingebaut war, im Gemeindesaal noch kein Stuhl stand und die Kirche noch kein verschließbares Portal hatte, kam der große Tag der Kirchweihe. So ging ein seit mehr als 200 Jahren gehegter Wunsch der Gemeinde in Erfüllung, denn bereits 1719 hatten die Pöhlaer erste Baupläne für einen Kirchbau an die Behörden eingereicht. In Vorbereitung dieses Festes wurden alle Häuser mit Girlanden, Blumen und Kränzen geschmückt.Über die Straßen spannten sich Spruchbänder. So stand über den Stufen der Kirchenfreitreppe zu lesen: „Tut mir auf die schöne Pforte“, am Betsaal „Das Alte ist vergangen“ und an der Gottesackerstraße „Siehe, es ist alles neu geworden“.
Die Kirchweihfeierlichkeiten begannen am Sonnabend, dem 18. November 1933. Am Nachmittag wurde die Kirche zur Besichtigung frei gegeben. So viele Menschen hatte Pöhla seit Bestehen wohl noch nicht gesehen wie an diesem 19. November 1933. Gegen 17 Uhr hörte man zum ersten Mal die Glocken vom Kirchturm läuten.
Im damaligen Siegelhof fand ein großer Begrüßungsabend mit zwei Höhepunkten statt, nämlich der
- Festansprache des Superintendenten Nicolai aus Schneeberg, der sich stets als Freund und Förderer der Kirchgemeinde und des Kirchbaus gezeigt hatte, und der
- Festvortrag von Pfarrer Schumann, dem letzten Pfarrer von Grünstädtel und Pöhla.
Nun kam der große Tag, der alles zum Abschluß brachte, der
Zunächst hieß es Abschied nehmen vom Betsaal. Dort stellte sich ein gewaltiger Festzug auf. In feierlicher Zeremonie wurden die Altarbücher und Altargeräte aus dem Betsaal heraus getragen und die Tür abgeschlossen. Den Schlüssel übergab man mit Worten des Dankes dem Bürgermeister.
Nun setzte sich der Festzug in Richtung Kirche in Bewegung, geleitet vom Superintendenten Nicolai und den Pfarrern, die sehr zahlreich gekommen waren, um der Festgemeinde ihre Verbundenheit zu bezeugen. Die Behörden waren vom Landrat, über den Bezirksschulrat bis zum Kirchenamtsrat ohne Ausnahme anwesend. Der Zug bewegte sich vom Betsaal zum Schulplatz, bog dort in die Hauptstraße ein, um an der Ecke beim Gasthaus Schramm in den Bauernweg abzubiegen.
An der Kirche angekommen, übergab der Architekt dem Superintendenten den „goldenen Schlüssel“. Der Superintendent reichte den Schlüssel dem Ortspfarrer weiter. Im Anschluß fand die Weihe der Kirche statt. Sie erhielt den Namen „Lutherkirche“, da sie im 450. Geburtsjahr von Martin Luther erbaut wurde. Gemäß dem Namen der Kirche ist das Porträt des Reformators und der Anfang seines wohl bekanntesten Liedes „Ein feste Burg ist unser Gott“ in das bronzene Hauptportal eingelassen.
Die Festpredigt hielt Pfarrer Ruff. Sie konnte nur ein einziger Dank an den allerhöchsten Bauherrn sein, an dessen Segen alles gelegen ist. Zugleich erging der Aufruf an die Gemeinde:
Pöhla wird die lebendige Gemeinde in ihr sein.
Auch eine Anzahl von Pfarrern, die früher in Pöhla und Grünstädtel gewirkt hatten, waren anwesend.
Anschließend an den Weihegottesdienst fand um 14 Uhr der erste Kindergottesdienst statt, der durch Pfarrer Thonig, einen ehemaligen Pfarrer von Grünstädtel und Pöhla, gehalten wurde. Mit einer liturgischen Feierstunde, die Pfarrer Harleß aus der Dresdner Diakonissenanstalt leitete, klang der Festtag aus.
Am 16. Dezember 1933 konnte dann auch das neue Pfarrhaus durch Pfarrer Ruff bezogen werden.
Bauliche Veränderungen in der Folgezeit
Am 17. September 1938 gab es die erste Veränderung in der Ausstattung der Kirche. Die einfachen Kugellampen wurden in der Kirchenmitte und auf der Orgelempore durch Messingleuchter ersetzt. Aufgrund von Veränderungswünschen des „Vereins für kirchliche Kunst Dresden“ baute man im Sommer 1940 Doppelfenster in matter Tönung gegen den blendenden Lichteinfall und für eine bessere Wärmehaltung ein. Die Mittel hierfür stammten aus einem neu gegründeten Kirchenver-schönerungsfonds, der gesammelte Spenden enthielt. Im April 1941 wurden die drei Engelleuchter mit dem Spruchband
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden
an der Kirchraumwand zwischen den Fenstern angebracht.
Nach Pfingsten 1953 begannen weitere umfangreiche Verschönerungsarbeiten:
Im Eingangsbereich wurde die Plastik „Trauernde“ durch einen Steinsockel mit Glasvitrine für auswechselbare Gedenkblätter ersetzt. Darüber fertigte ein Kunstmaler aus Mylau ein Wandbild an, welches Jesus als den guten Hirten darstellt.
Umlaufend ist zu lesen:
für die Schafe, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen
das ewige Leben.
Die Wände rechts und links vom Altar wurden nach dem Kirchenschiff hin mit Bibelsprüchen gestaltet.
Der Anstrich im Kirchenraum einschließlich der Bänke und der Orgel wurde verändert. Die Posaunenempore wurde eingearbeitet.
Gleichzeitig fand auch eine Veränderung des Altars statt. Er wurde tiefer gestellt und verbreitert. Am Rand des Tisches wurde die Goldschrift
BIS AN DER WELT ENDE.
eingearbeitet.
Auf dem Altar wurde das Holzkreuz aufgestellt. Der Altarraum selbst wurde mit sechs messingfarbenen Wandleuchtern ausgestattet.
Die Holzkanzel mit Schalldeckel wurde durch eine steinerne aus Porphyr ersetzt. Die Kanzel ruht nun auf drei Sockelfiguren, die als hörende Gemeinde dargestellt sind. Die Figuren am Fuß der Kanzel personifizieren
Ausblick
Die Geschichte der Lutherkirche Pöhla und ihrer Gemeinde zeigt, daß die Mütter und Väter im Glauben viel Zeit, Geduld, Kraft, Phantasie und Geld aufgebracht und eingesetzt haben, um ihre Kirche ins Dorf zu bekommen. Sie verwandten ebensoviel Mühe, die Kirche dort zu erhalten. Es war ihnen wichtig, ein Gotteshaus in der Nähe zu haben, denn die Kirche gehörte ganz selbstverständlich zu ihrem Leben. Der Glaube bestimmte ihr Leben und ihr Verhalten.
Seit der Weihe der Kirche sind viele Jahre vergangen. Nur noch wenige Gemeindeglieder, die den Bau der Kirche miterlebten, können sich an das Geschehen erinnern Seither standen mehrere Generationen in der Verantwortung für diese Kirche. Wenn die nachfolgenden Generationen die Kirche als Erbe betrachten, dann sollten auch die Gedanken der Gründer und Erbauer dieser Kirche gleichsam als „Erbgut“ übernommen werden.
Wir wissen, die Gegenwart des Auferstandenen Christus ist nicht von einem Haus, einer Kirche, abhängig. Jesus sagt dazu:
Gott bindet sich nicht an Häuser; er ist ein Gott der Menschen, denen er sich in vielfältiger Weise zuwendet. So wird auch die Zukunft der Christen und der Gemeinde nicht von Kirchen und anderen Sakralbauten abhängig sein. Das haben unsere Vorfahren im Glauben sicher auch gewußt und auf vielfältige Art und Weise erfahren.
Dennoch, die Gemeinde braucht auch ein Dach über dem Kopf! So ist die Kirche ein Ort der Versammlung, der Anbetung, der Besinnung, der Einkehr und der Ruhe. In ihr feiert die Gemeinde den Gottesdienst dort kommt sie zusammen. Es ist der Ort, wo Menschen durch Wort und Sakrament Vergebung erfahren und gestärkt werden. Kirche ist aber auch ein Ort, an dem Gemeinschaft entsteht und gepflegt werden kann, und zwar auch in einer Zeit zunehmender Vereinsamung der Menschen.
Deshalb ist unsere Lutherkirche ein wertvolles und wichtiges Geschenk, das die Vorfahren den nachfolgenden Generationen hinterlassen hat. Viele Gemeindeglieder wissen das und sind auch heute bereit, für ihre Kirche einzustehen – durch ihr Opfer, ihre Fürbitte und ihre Mitarbeit.
Die Gemeindesituation hat sich in den vergangenen Jahrhunderten verändert und wird sich weiter verändern. Keiner weiß und kann vorhersagen, was in fünfzig oder hundert Jahren sein wird. Sicher ist aber, die Gemeinde Jesu wird sich auch künftig versammeln. Sie wird sich in Kirchen und Kapellen, in Häusern und Wohnungen, auf Straßen und Plätzen, in aller Öffentlichkeit oder wenn nicht anders möglich, auch heimlich treffen. Sie wird Gottes Wort hören und danach handeln, sie wird das Abendmahl feiern und Menschen taufen und sich der Bedrängten und Schwachen annehmen. Sie wird so handeln, wie es Jesus Christus ihr aufgetragen hat
In unserer Zeit kann das so aussehen, daß die Gemeinde das ihr anvertraute Erbe nach besten Kräften gebraucht, mehrt und gut verwaltet. Zum Erbe gehört als erstes das Wort Gottes, die frei und froh machende Botschaft von Jesus Christus. Sie ist in Wort und Tat unter die Menschen zu bringen.
Zum Erbe gehören aber auch die Kirchen samt der dazugehörigen Grundstücke und sonstigen Bauten. Sie sind ein Hilfsmittel, eine Hülle und dienen der Gemeinde Jesu als Orte der Versammlung und Sammlung. Damit die Kirche nicht zu einer leeren Hülle wird, bedarf es einer lebendigen Gemeinde, denn eine Hülle ohne Inhalt ist wertlos.
Auch an den Kirchgemeinden gehen die Veränderungen der Zeit nicht spurlos vorüber. Veränderungen in der Gesellschaft und im privaten Leben prägen die Menschen, die Gemeindeglieder, und damit auch die Gemeinde. Der zu beobachtende fortschreitende Wertewandel und die sich weiter ausbreitende Perspektivlosigkeit, sind auch in Kirche und Gemeinde zu spüren. Die Gemeinde steht vor der Aufgabe, nicht angepaßte sondern biblisch fundierte Antworten zu den Fragen der Gegenwart zu finden und Wege aufzuzeigen, die von der Hoffnung unseres Glaubens geprägt sind.
Dabei kann sich die Gemeinde auf die Worte aus Matthäus 28, 20
verlassen. Sie sind am Altar der Lutherkirche zu lesen:
Das ist eine zeitlose Verheißung Jesu an seine Gemeinde. Sie gilt, sie kann Trost schenken und Sicherheit vermitteln; sie ist der feste Grund unter den Füßen. Darauf kann die Gemeinde Jesu und jeder einzelne der zur Gemeinde gehört, in allen Veränderungen und aller Ungewißheit des Lebens vertrauen.
Die Vorfahren haben für die Gemeinde eine Kirche errichtet und den nachfolgenden Generationen hinterlassen. Es ist deren Aufgabe in der Gegenwart und in Zukunft, die Gemeinde zu bauen. Dazu bedarf es des Gebetes der Gemeinde, ihrer Gruppen und des einzelnen. Es ist notwendig, daß sich die Gemeinde auch wieder auf Mission orientiert. Dabei sind bewährte Formen zu erhalten, neue Überlegungen objektiv zu prüfen und auch auszuprobieren. Es beginnt damit, daß die Gemeinde einen Lebensraum bildet, in dem Menschen Geborgenheit, Trost und Hilfe finden. Wenn Gemeinde sich als Ort des Vertrauens, der vorurteilsfreien Annahme, der erfahrbaren Nächstenliebe und als Ort zum „wohlfühlen“ darstellt, dann werden Menschen ihre Nähe suchen. Das ist nicht von Einzelpersonen zu leisten. Dazu sind die Gaben und Begabungen letztlich jedes einzelnen der Gemeinde nötig.
Die St. Barbara Kirche zu Markersbach
Auszüge aus der Chronik der Kirche (von Pfr. Gaston Nogrady)
Unsere Kirche im Mittelalter
Die Kirche Sankt Peter und Paul
„Anno 1249 thaten die Böhmen große Wallfahrten ins Closter (Grünhain) zum Heiligen Niclas und waren so freigebig, daß aus ihren Geschenken die Closter-Kirche erneuert und ausgemalet werden konnte. Um diese Zeit legte der Abt Henricus de Myla den Grundstein zur Peter und Paul Kirche in Markersbach und nach deren erfolgreichen Aufbau wurde sie im Jahre 1250 in seiner und vieler Menschen Gegenwart von Bischof Engelhardt zu Naumburg zu Ehren der Apostel Petri und Pauli eingeweyhet, auch dem Abt und Convent das Patronats-Recht darüber gegeben.“Dieses Zitat stammt aus der „Chronik des Klosters Grünhain“. Sie ist gegen Ende des 15. Jahrhunderts von dem Grünhainer Mönch Conrad Feiner aufgeschrieben worden. Nachforschungen haben ergeben, dass Feiner sorgfältig berichtet und seine Aussagen historisch zuverlässig sind.
Die erwähnte Sankt-Peter-und-Pauls-Kirche ist unsere jetzige Sankt-Barbara-Kirche. Kirchenbauliche Untersuchungen haben gezeigt, dass unsere St.Peter-und-Pauls-Kirche bereits eine stattliche Kirche war: Die Mauern des heutigen Kirchenschiffs stammen zum großen Teil von 1250. Unsere jetzige Kirche weist eine Reihe von Kennzeichen des romanischen Baustils auf, der um 1250 für Dorfkirchen noch bestimmend war:
Nur wenige kleine Fenster ließen Licht ins Innere der Kirche. Eine solche ursprüngliche, später zugemauerte Fensterlaibung ist heute noch an der Südwand zu sehen. Außerdem ist typisch, dass der Eingang nicht – wie später üblich – im Westen ist, sondern in der dem Dorf zugewandten Langseite der Kirche.
Weitere Kennzeichen für Kirchen aus ältester Zeit: Die Kirche steht immer inmitten eines Friedhofes, der oft wehrhaft befestigt wurde. Da die wehrhafte Befestigung von Friedhöfen 1266 verboten wurde, ist davon auszugehen, dass die ursprüngliche hohe und wehrhafte Friedhofsmauer schon 1250 angelegt worden ist. Auch ein schlichter gemauerter Steinaltar ist typisch für den romanischen Baustil.
Ein weiterer Beweis für das Alter des Kirchenschiffes sind die mittelalterlichen Wandmalereien, die 1955 freigelegt wurden. Sie stellen an der Nordwand die Stationen des Kreuzweges Christi dar. Am Triumphbogen ist Jesus Christus in seiner Herrlichkeit abgebildet, nach Offenbarung 1,16 mit einem zweischneidigen Schwert, das aus seinem Mund hervorgeht. Wahrscheinlich ist die ganze Kirche einmal mit solchen Fresken ausgemalt gewesen.
Die tonnengewölbte Sakristei stammt auch aus dieser Zeit. Sie dient dem Pfarrer zur Vorbereitung auf den Gottesdienst. Außerdem wurden hier in einer Nische im Mauerwerk die Geräte für das Heilige Abendmahl aufbewahrt.
Tonnengewölbte Sakristeien sind typisch für die Zeit ab 1250 und wurden auch später noch gebaut, als der romanische Baustil längst durch den gotischen abgelöst war. Der Baustil, in dem unsere Kirche gebaut worden ist, ist allerdings nicht mehr rein romanisch, sondern bereits der Übergang von der Romantik zur Frühgotik. Die Frühgotik ist durch die Zisterzienser-Mönche über Grünhain hier eingeführt worden. Ein typisches Kennzeichen ist die angedeutete Spitze in den Bögen (Triumphbogen, Fensterbogen, Bogen im Fresko).
Dass Markersbach eine alte, selbstständige Pfarrei ist, bestätigt der Grünhainer Mönch Feiner in seiner Chronik, wo er über einen Markersbacher Pfarrer folgendes berichtet:
„Anno 1265 verglich ... Abt Albert II. die zwischen dem Pleban (alte Bezeichnung für Pfarrer) Paul zu Marckersbach und seinen Pfarr-Kindern daselbst entstandene Zwistigkeiten wegen der Kirchengebühren.“
Die selbstständige Kirchgemeinde Markersbach ist als sog. Urpfarre älter als alle umliegenden Kirchgemeinden. Nach Osten und Süden ist das Gebirge überhaupt noch nicht besiedelt gewesen, Schwarzbach im Norden gehörte zu Markersbach. Raschau wurde vom Kloster Grünhain versorgt.
Die Sankt-Barbara-Kirche
Wie kam es zur Namensänderung der St.Peter-und-Pauls-Kirche zur St.Barbara-Kirche? Es hat viele Vermutungen darüber gegeben. Klar ist, dass Sankt Barbara als Schutzheilige der Bergleute verehrt wird. Sie ist eine Glaubenszeugin aus dem 3. Jahrhundert. Sie war lange in einem dunklen Turm eingesperrt. In diesem finsteren Turm kam sie zum christlichen Glauben und ließ sich taufen. Die Bergleute fühlten sich ihr wohl besonders nahe, wenn sie ins finstere, enge und auch gefährliche Bergwerk einfuhren. Der Höhepunkt der Verehrung der Heiligen Barbara lag deshalb in der Blütezeit des Bergbaus im 15. und 16. Jahrhundert. In dieser Zeit bekam auch unsere Kirche ihren Namen.Der wiedergefundene Text der Ablass- und Wallfahrtsbulle unserer Kirche vom 28. Dezember 1500 gibt uns einen wichtigen Hinweis: Unsere Kirche wird darin bereits ganz selbstverständlich als Pfarrkirche Sankt Barbara bezeichnet.
Das widerlegt zwei Vermutungen, die für den Namenswechsel aufgestellt worden sind: Eine Vermutung war, dass der Namenswechsel durch den Ablass- und Wallfahrtsbrief zustande gekommen sei. Dann hätte der Namenswechsel aber darin erwähnt sein müssen. Eine andere Vermutung war, unsere St.Peter-und-Pauls-Kirche habe den Namen St.Barbara von einer Kapelle in Mittweida übernommen, nachdem diese aufgelöst worden ist. Da diese Kapelle aber um das Jahr 1530 noch bestand, als unsere Kirche längst St.Barbara-Kirche hieß, kann diese Vermutung nicht stimmen. Vielmehr hat der Namenswechsel von Sankt Peter und Paul zu Sankt Barbara vor 1500 stattgefunden.
Warum wechselt man aber den Namen einer Kirche? Doch nicht nur deshalb, weil die heilige Barbara unter den Bergleuten so beliebt war! Die Namensgebung einer Kirche hat ja mit ihrer Weihe zu tun. So bekam die Kirche bei ihrer Weihe 1250 den Namen St.Peter und Paul. Der Namenswechsel muss also mit einer erneuten Weihe der Kirche in Verbindung stehen. Und dafür ist wiederum die Voraussetzung, dass die Kirche zuvor durch irgendein Ereignis entweiht worden ist. Schauen wir ins 15. Jahrhundert, kommt eigentlich nur ein Ereignis in Frage: Die Hussitenkriege!
Der Chronist und Scheibenberger Pfarrer Christian Lehmann berichtet in seiner Kriegschronik vom Einfall und von verheerenden Zerstörungen der Hussiten in unserer Gegend: 1429 zerstörten sie die Stadt und das Kloster Grünhain und viele weitere Orte des oberen Erzgebirges. Die Hussiten waren ja nicht nur einfache Krieger oder Räuber. Sie waren eine fanatische Truppe, in der sich tschechischer Nationalismus mit religiösen Vorstellungen verband: Die Hussiten lehnten alle Bilder in Kirchen ab und zerstörten sie deshalb aus religiösem Fanatismus („Bilderstürmer“). Da die Hussiten vom deutschen Kaiser und von der Katholischen Kirche bekämpft wurden, richtete sich ihr Hass gegen alles Deutsche und Katholische. Die Schändungen und Entweihungen von Kirchen begleitete deshalb ihren Siegeszug durch Böhmen und Sachsen. Als Beispiel dafür schreibt Christian Lehmann in seiner Kriegschronik über die Crottendorfer Kirche, dass die Hussiten sie „durch Mord und Unzucht entweiht haben, so daß sie der Bischof von Meißen wieder neu einweihen mußte“.
Da Markersbach an einer wichtigen Verkehrsverbindung nach Böhmen lag, werden auch hier Hussiten durchgezogen sein. Der Mönch Feiner berichtet von einer Sankt-Michaelis-Kapelle bei Markersbach, die 1429 von den Hussiten zerstört worden ist. Archäologische Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die Kirche in Grünstädtel von Hussiten zerstört worden ist. Wahrscheinlich haben die Hussiten auch unsere Kirche entweiht. Für diese Vermutung spricht die Tatsache, dass es aus der Zeit vor 1430 kein bewegliches Inventar (Bilder, Kelche, Glocken etc.) mehr gibt. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, werden die Hussiten geplündert oder zerstört haben. So wird auch unsere Kirche um 1430 neu geweiht sein müssen. Noch heute sieht man ein Weihekreuz im Altarraum. Bei dieser neuen Weihe hat unsere Kirche dann den Namen Sankt Barbara bekommen. Dafür spricht, dass die geschnitzte Barbara, die einmal in unserer Kirche stand, aus der Zeit um 1440 stammt. In der linken Hand hält sie einen Turm, Dort war sie eingesperrt, und dort empfing sie die Heilige Taufe. In der rechten Hand trägt sei einen Kelch. Er ist Ausdruck für die Stärkung des Glaubens, die Gott uns im Heiligen Abendmahl schenkt. Auch der Marienaltar ist in dieser Zeit entstanden. Die Barbara wurde 1923 zusammen mit dem Marienaltar auf dem Kirchenboden gefunden. Auch sie sollte wie der Marienaltar in Dresden restauriert werden. Leider ist sie 1945 bei dem Luftangriff auf Dresden verbrannt.
Seit 2001 hat unsere Kirchgemeinde eine neue Figur der Heiligen Barbara. Dank großzügiger Stifter konnte dem Schwarzenberger Holzbildhauer Hartmut Rademann der Auftrag gegeben werden, nach alten Bildern eine originalgetreue Nachbildung der Figur von 1440 anzufertigen. Diese wurde am 2. Advent 2001 in einem festlichen Gottesdienst enthüllt und erinnert seither die Gemeinde an den Glaubensmut der Märtyrerin aus Kleinasien.
Unsere Kirche wird Wallfahrtskirche
Wallfahren sind Besuche an besonders heiligen Orten. Oft werden weite Wege zurückgelegt, um an den heiligen Orten Gottes Segen zu empfangen. Wallfahrer werden auch Pilger genannt. Meist sind sie in Gruppen unterwegs. In der Regel handelt es sich um bestimmte Zeiten, an denen zu einem Heiligtum gepilgert wird. Schon im Alten Testament wird von solchen Heiligtümern berichtet, zu denen die Israeliten Wallfahren veranstalteten: Es waren Orte, an denen sich Gott offenbart hatte. Gottes Nähe wurde dort immer wieder erfahren. Der Tempel in Jerusalem war ein solches Wallfahrtsziel in Israel. Die Psalmen 120 bis 135 sind Wallfahrtslieder, die die Pilger unterwegs sangen.In der christlichen Kirche lebt dieser Brauch fort. Christen pilgern zu den Orten, an denen Jesus gewirkt hat: In Bethlehem wurde deshalb dort, wo die Krippe einst stand, die Geburtskirche und in Jerusalem die Grabeskirche auf dem Berg Golgatha gebaut. Aber auch die Gräber der Apostel und Märtyrer waren den Christen heilig. Über ihnen wurden Kirchen gebaut. Besonders an den Todestagen der Märtyrer pilgerte man in diese Kirchen. Denn der Todestag ist der Tag des Eingangs in den Himmel.
Im ausgehenden Mittelalter nahm das Wallfahrtswesen allerdings immer größere Ausmaße an. Es verband sich mit dem Ablasswesen. Für eine Wallfahrt wurde ein Ablass gewährt. D.h. eine Wallfahrt galt als gutes Werk, durch das man eine Verkürzung der Sündenstrafen im Fegefeuer erlangen konnte. Weil eine Wallfahrtskirche auch materiellen Gewinn aus den Wallfahrten zog, bemühten sich viele Gemeinden, die Geld für den Kirchenbau benötigten, um den Status einer Wallfahrtskirche. Solches taten z.B. die Annaberger für den Bau ihrer St.Annen-Kirche. Auch unsere St.Barbara-Kirche erhielt im Jahre 1500 eine sog. „Ablass- und Wallfahrtsbulle“. Die Ablass- und Wallfahrtsbulle ist von Johannes Klinger in Rom erworben worden. Die Kirche wird in dieser Zeit meist nach dem unmittelbar benachbarten Mittweida benannt, weil dieses größer als Markersbach war. Wahrscheinlich war nur Mittweida auf den Karten der damaligen Zeit eingezeichnet, so dass die Kurie in Rom, die die Ablassbriefe ausstellte, mit der Ortsangabe Markersbach nichts hätte anfangen können.
Nach dieser „Bulle“ wird unsere Kirche ab dem Jahre 1500 Wallfahrtskirche. Fünf Wallfahrtstage sind in ihr genannt: 1.) Der Sankt-Barbara-Tag am 4.Dezember; 2.) Der Tag der Reinigung Mariens (Lichtmess) am 2. Februar; 3.) Der Tag der Geburt Mariens am 8. September; 4.) Allerheiligen am 1. November und 5.) Kirchweih. In einer Nachbemerkung aus späterer Zeit wird der Kirchweihtermin genannt: Am Sonntag vor St.Burkhard, d.h. am Sonntag vor dem 14.Oktober. Die Gläubigen, die an diesen Tagen eine Wallfahrt zu unserer Kirche unternahmen, die Gottesdienste besuchten, beichteten und Dankopfer gaben, erhielten von jedem Kardinal 100 Tage Ablass, d.h. ihnen wurden insgesamt 1200 Tage ihrer Strafzeit im Fegefeuer erlassen. Es wird berichtet, dass Pilger sogar aus Böhmen kamen. Unsere Kirche lag ja sehr verkehrsgünstig an wichtigen Handelsstraßen von Westen nach Osten, aber auch von Süden nach Norden, so führte z.B. ein Kirchsteig von Pöhla nach Markersbach, von dem heute noch Reste bekannt sind. Seit Jahrhunderten lädt eine Inschrift an unserer Friedhofsmauer zum Gebet in unserer Kirche ein. Man mag darin einen Nachklang an die Zeit der Wallfahrten erkennen. Ihre jetzige Gestalt stammt aus den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
Das Ablasswesen führte zu einer großen Spendenbereitschaft. Viele Kirchen wurden in dieser Zeit gebaut. Auch unsere Kirche konnte dadurch wiederhergestellt und verschönert werden. Der Scheibenberger Pfarrer und Chronist Christian Lehmann weiß noch 180 Jahre später von der großen Wirkung dieser Wallfahrten nach Markersbach zu berichten. So schreibt er, dass die Kirche auf Grund der Einnahmen durch die Wallfahrten erhöht worden ist. Noch heute ist am Mauerwerk des Kirchenschiffs zu erkennen, dass die ursprüngliche Kirche 1,5m niedriger war. Außerdem ist die Kirche seitdem mit Schiefer gedeckt. Wohl auch das schöne Kreuzrippengewölbe im Altarraum ist in dieser Zeit entstanden. Auch die schöne Deckenbemalung stammt aus der Zeit nach dem Jahre 1500. Da die Kirche damals noch kürzer war, sind nur die vorderen sechs Deckenbilder dazu zu rechnen.
Trotz dieser guten Auswirkungen der Wallfahrten für den Kirchenbau barg der Ablass die Gefahr in sich, dass der Glaube zu einem Geldgeschäft verkam, und der Gläubige sich auf seine frommen Leistungen verließ und nicht auf das Opfer, das Jesus Christus für uns am Kreuz gebracht hat. Daran musste Martin Luther die Kirche erinnern. Das war der Anlass zur Reformation.
Von der Reformation bis 1918
Die Reformation
Am 31.Oktober 1517 schlug der Mönch Martin Luther an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg seine 95 Thesen gegen die Auswüchse des Ablasswesens. Gewisse Ablassprediger missbrauchten die Furcht der Gläubigen vor dem Jüngsten Gericht und den Strafen im Fegefeuer, indem sie daraus eine lukrative Geldquelle machten: „Wenn die Münze in dem Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“, war die Parole solcher Ablassprediger. Die Predigt des Wortes Gottes und echte Reue und Umkehr zu Gott wurden darüber vernachlässigt. Die Kirche war durch den Ablass zwar reich und mächtig; sie wurde aber immer unglaubwürdiger, weil sie sich von ihrem wahren Fundament, Jesus Christus, entfernt hatte. Die Reformation Martin Luthers war nichts anderes als der Ruf zurück zu diesem Fundament.Dieser Ruf erschütterte Kirche und Volk. Schnell verbreitete sich die evangelische Lehre in Deutschland. Auch im Kloster Grünhain wurde sie bekannt, und so wird berichtet, dass 1522 sechzehn Mönche das Kloster verließen, um evangelisch zu werden. Das Kloster selbst hat wohl zu sehr am Reichtum gehangen, um diesen Schritt zu tun. Das wird ihm drei Jahre später zum Verhängnis: Im Zuge des Bauernkrieges wird das Kloster 1525 von aufständischen Bauern erobert, geplündert und stark beschädigt. Ein Teil dieses Bauernheeres kam auch durch Markersbach. Christian Lehmann berichtet über darüber in seiner Kriegschronik:
„Den Montag nach Jubilate fielen des Nachts die Schönburgischen Bauern in die Raschau und Mipe, stürmten und plünderten beide Pfarren. Der Pfarrer in der Mipe, Barthel Fleuchaus, entsprang und ließ es bundüber gehen. Raschau aber war zu der Zeit noch ein Filial und wurde von Grünhain aus versorgt. Danach zerstimmelten die Bauern die Wohnung und die Kirche in der Mipe und raubten außerdem, was sie bei den Nachbarn ergriffen.“
Aus dem Bericht Lehmanns wird deutlich, dass der Bauernkrieg eine Entladung des Volkszorns war und sich auch gegen die Kirche richtete, die durch ihren Umgang mit dem Geld unglaubwürdig geworden war. Allerdings waren die Bauern nicht zimperlich und raubten auch gleich die Nachbarn mit aus. Nebenbei bemerkt Lehmann, dass Raschau 1525 noch keinen eigenen Pfarrer hatte.
Diese Zeit muss in unserem Kirchspiel sehr turbulent gewesen sein: Der Ortsteil Markersbach, in dem die Kirche steht, gehörte zum Kloster Grünhain. Der Ortsteil Mittweida gehörte dagegen den Herren von Schönburg. Das Kloster Grünhain führte bereits 1529 die Reformation durch, das schönburgische Land blieb dagegen bis 1539 römisch-katholisch. In dieser Zeit kam es oft zu massivem Streit zwischen evangelischen Markersbachern und katholischen Mittweidaern. Hier finden Sie den Aufsatz „Der Wasserstreit im Mittweidatal – ein Kampf um Wasser, Macht und den rechten Glauben“. Auch um die Pfarrer muss es Streit gegeben haben. 1529 kam Wolfgang Gottfried nach Markersbach. Im selben Jahr fand im evangelischen Territorium auch die erste Visitation statt. Martin Luther hatte die Reformation nur mit Hilfe der Landesherren durchführen können. Luther und die Landesfürsten mussten nun dafür sorgen, dass die evangelische Lehre auch in den Kirchgemeinden umgesetzt wurde. Deshalb zogen lutherische Theologen durch das Land und prüften die Pfarrer, ob sie das Evangelium recht lehrten. Über unseren Pfarrer Gottfried lautete das Urteil: „Gottes Wort und christlicher Ordnung entgegen“. Er wurde daraufhin als Pfarrer abgesetzt. Interessanterweise findet man ihn zehn Jahre später als ersten evangelischen Pfarrer von Elterlein!
1529 kam Johann Marschner als erster evangelischer Pfarrer nach Markersbach. Obwohl er nicht ungeschickt war, mochten ihn die Markersbacher doch nicht. Man liest, dass ihm die Fensterscheiben eingeworfen und er beleidigt worden ist, so dass er bereits 1533 wieder geht. Marschner hat wohl zu viel ändern wollen und sich dadurch unbeliebt gemacht. Man muss sich vorstellen, dass die Menschen durch die Reformation auch sehr verunsichert worden sind. Bis dahin glaubten sie selbstverständlich, was Pfarrer, Bischof oder gar Papst verkündeten. Nun aber war ihr Vertrauen erschüttert worden. Zudem gab es auch unter den Evangelischen verschiedene Auffassungen. Manche meinten, alles müsse nun anders werden, andere wollten nur bestimmte Missstände ändern. Marschner wird wohl zu den ersteren gehört haben. Um den Frieden wiederherzustellen, wird 1534 Bartholomäus Fleughaus Marschners Nachfolger. Fleughaus war schon von 1525 bis 1529 Pfarrer in Markersbach, damals allerdings noch katholisch. In der Zwischenzeit war er Prediger in Schlettau und hatte dort das evangelische Bekenntnis angenommen. Man kann sich gut vorstellen, dass er aufgrund seiner eigenen Erfahrungen behutsamer und einfühlsamer als sein Vorgänger war. Nicht alles war schlecht, was die Kirche bisher gelehrt hatte. Lediglich einige gravierende Missstände mussten beseitigt werden: Der Gottesdienst wurde nun nicht mehr in lateinischer, sondern in deutscher Sprache gehalten und die Predigt bekam eine größere Bedeutung. Außerdem sollte der Pfarrer nun nicht mehr ehelos leben, sondern eine Familie gründen. Ansonsten blieb äußerlich vieles beim Alten: Der Gottesdienst hieß weiterhin „Messe“. Der Pfarrer trug die bunten liturgischen Gewänder. Die Festtage der Heiligen wurden kirchlich begangen, man ging regelmäßig zur Beichte usw.
Unter Pfarrer Fleughaus wurde 1539 der Streit zwischen den Markersbachern und den Mittweidaern beigelegt. Auch letztere wurden evangelisch.
Der Dreißigjährige Krieg und seine Folgen
1660 wurde unter Pfarrer Gottfried Petzold das Dach der Kirche erneuert. Seither hat die Kirche einen neuen Turm, eine sog. barocke Haube. Die Kirche wurde nach hinten verlängert und bekam große Fenster. Da es noch kein Treppenhaus gab, diente ein hölzerner sog. Steigeturm im Westen dazu, auf die oberen Emporen zu gelangen. Die obere Empore ist ja auch erst 1662 gebaut worden, wie es uns noch heute eine Inschrift erkennen lässt. Der Innenraum unserer Kirche ist in dieser Zeit ausgestaltet worden: 1610 stiftete man für Matthias Siegel die Kanzel. Die Abbildungen weisen auf den Inhalt der evangelischen Predigt: Ermahnung und Trost, Gesetz Gottes und Evangelium Christi sollen verkündigt werden.An den Emporen ist der Gemeinde eine Bilderbibel gegeben: Es beginnt auf der oberen Empore mit Geschichten aus dem Alten Testament, angefangen bei der Erschaffung der Welt. Die Empore darunter fährt mit dem Neuen Testament fort. An der Südempore finden sich Darstellungen der sog. 12 „kleinen“ Propheten („klein“, weil von ihnen nur kurze Bücher in der Bibel stehen) und einiger Apostel. Das erinnert die Gemeinde daran, dass die Kirche immer auf dem Grund der Apostel und Propheten bleiben muss, will sie nicht zu einer Sekte werden. 1663 wurde auch eine erste Orgel angeschafft. Erst seit dem Umbau 1660/62 gab es ja die Orgelempore im Westen. Bei der Verlängerung des Kirchenschiffes wurden auch die vier hinteren Deckenbilder gemalt. Sie stellen Szenen aus dem Alten Testament dar, die allesamt eines aussagen wollen: Der Himmel ist offen, Gott ist uns nah, wenn wir Gottesdienst feiern.
Die Bautätigkeit um 1660 zeigt, dass sich die Gemeinde von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges inzwischen gut erholt hatte. Dieser Krieg wütete schrecklich im Oberen Erzgebirge. Der Erzgebirgskamm war seit der Reformation nicht nur eine Staatsgrenze, sondern auch eine Konfessionsgrenze zwischen dem evangelischen Sachsen und dem katholischen Böhmen. So war das Erzgebirge ein ständiges Durchmarschgebiet der feindlichen Heere. Je länger der Krieg dauerte, desto schlimmer wüteten die Soldaten. Dabei gab es nicht einmal einen Unterschied, ob es sich um feindliche oder verbündete Truppen, um katholische oder evangelische handelte, die Grausamkeit war unvorstellbar. Christian Lehmann berichtet darüber in seiner Kriegschronik aus eigener Erfahrung. Aus Furcht vor Mord und Vergewaltigung flohen die Einwohner der Dörfer in die Wälder und mussten manchmal wochenlang dort ausharren. Durch den Krieg kamen Glaubensflüchtlinge aus Böhmen ins sächsische Erzgebirge. Ein solcher Exulant wurde 1628 in Markersbach Pfarrer: Adam Mylius.
1648 wurde schließlich in Westfalen ein Friede geschlossen, der diesen Krieg beendete. Der Friede brachte Wohlstand und ein neues Aufblühen der Länder Europas mit sich. Auch unser Ort erlebte einen lang andauernden wirtschaftlichen Aufschwung. Die Neugestaltung des Altars lässt auf den großen Wohlstand der Hammerherren schließen. Die Besitzer von Hammerwerken (Fabriken, in denen Eisen verarbeitet wurde), ließen sich um 1720 eine Empore im Altarraum bauen. Ihr Selbstbewusstsein war so groß, dass sie nicht nur vom einfachen Volk abgesonderte Plätze beanspruchten, sondern meinten, auch im Allerheiligsten einer Kirche, dem Altarraum, den ihnen angemessenen Platz einnehmen zu dürfen. In früheren Zeiten durfte der Pfarrer oder der Bischof im Altarraum sitzen. Der neue Platz der Hammerherren sollte der ganzen Gemeinde zeigen, wer – auch in der Kirche – nun das Sagen hat. Im Zuge dieser Neugestaltung des Altarraums wurde ein neuer Beichtstuhl angefertigt, in dem die Gläubigen noch bis vor gut 150 Jahren beim Pfarrer gebeichtet haben. Auch das Altarbild stammt wohl aus dieser Zeit. Im Zentrum steht die Kreuzigung Jesu. Sie wird als Erfüllung der alttestamentlichen Geschichte von der ehernen Schlange angesehen, wie es im Johannes-Evangelium geschrieben steht: „Wie Moses in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ Ganz oben schwebt ein Engel, der ein Spruchband hält, auf dem ein Bibelwort aus dem 1. Petrusbrief steht: „Die Engel gelüstet es zu schauen.“ Dieser Engel veranschaulicht die Tatsache, dass die Engel unsichtbar bei uns sind, wenn wir Gottesdienst feiern. So wird auch heutzutage die Empore im Altarraum nicht mehr von Menschen besetzt, sondern bleibt den Engeln vorbehalten.
Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg
Das 18. Jahrhundert nennt man die Zeit der „Aufklärung“. Glaube und Kirche werden grundsätzlich in Frage gestellt. Philosophen wie Lessing oder Kant sind Vertreter der „Aufklärung“. Auch in viele Kirchen zieht der Geist der „Aufklärung“ ein. Alte Glaubenswahrheiten werden angezweifelt. In vielen Predigten geht es nicht mehr um die Rettung durch Jesus, sondern um ein tugendhaftes Leben aus eigener Kraft. In jenen Jahren war Karl-Friedrich Klinkhardt Pfarrer in Markersbach. Er gehörte nicht zu den angepassten Zeitgenossen. Er blieb dem alten Glauben treu. 1795 schrieb er folgenden Bericht.„Unsere kirchliche Verfassung ist so beschaffen, daß wir nicht gegen Vorurteil und Aberglauben in der neuen Lehre die Waffen ergreifen dürfen, weil wieder Freigeisterei, Lauigkeit und Gleichgültigkeit in der Religion herrschen, wozu die jetzige sogenannte Aufklärung der neuen Philosophie vieles beiträgt. Jedoch leben wir in der festen Zuversicht, Gott werde immer noch viele Tausende übrig lassen, die ihre Knie nicht vor diesem Baal beugen. Gott sei daher selbst der Schutz seiner Kirche, seines heiligen Wortes und Sakramente, daß wir durch deren göttliche Kraft wie unsere vollendeten Väter christlich leben, geduldig leiden und dereinst getrost und selig sterben. Gleicher Schirm und Schild sei Er unserem Gotteshaus vor aller Entzündung und Feindes Gewalt, auch vor allem Schaden der Elemente und der Menschen, daß auch unsere lieben Kinder und ganze Nachwelt hierdurch gelehret, gebessert, getröstet und selig werde um Christi unseres einzigen Seligmachers Willen, Amen!“
Unter Pfarrer Klinkhardt und Kantor Lang wurde unsere jetzige Orgel gebaut. Beauftragt wurde damit Orgelbaumeister Gottlob Trampeli aus Adorf. 18 Jahre hat die Gemeinde Pfennig um Pfennig gesammelt bis 1802 mit dem Orgelbau begonnen werden konnte. Zu Pfingsten 1806 fand die feierliche Weihe der neuen Orgel statt. Sie hatte 750 Taler gekostet – ein Vermögen für die damalige Zeit. Über die Ereignisse rund um den Orgelbau hat Karl-Hans Pollmer den Roman „Der Pfarrer von St. Barbara“ geschrieben.
Das Pfarrhaus muss zu dieser Zeit schon sehr alt gewesen sein. Das Haus ließ sich kaum noch beheizen, so dass unter Pfarrer Seyffart mit einem Neubau begonnen werden musste. Doch Pfarrer Seyffart starb 1877 im Alter von 34 Jahren an Lungenentzündung. Sein Nachfolger konnte dann 1878 in das neue Pfarrhaus einziehen, das im Stil der Gründerzeit mit einzelnen neoklassizistischen Elementen gebaut wurde (Giebel an der Südseite). Es besteht ganz und gar aus Feldstein. Da die umliegenden Pfarrhäuser viel älter sind, gehört es mit seinen gut 120 Jahren zu den neuesten Pfarrhäusern der Umgegend! Im Jahr 1908 wurde auch an der Kirche wieder gebaut: Das Treppenhaus im Norden wurde angebaut. Die Kirche bekam eine Dampfheizung. Neue Kirchenbänke wurden aufgestellt.
Der Erste Weltkrieg brachte das Ende einer Epoche, die mit der Reformation begonnen hatte: Martin Luther war auf die Hilfe der Landesfürsten angewiesen. Sie wurden zu einer Art „Notbischöfe“ in der evangelischen Kirche. Manche Fürsten haben sich auch sehr um die Kirche bemüht. Dennoch entspricht die enge Verbindung von weltlicher und kirchlicher Macht nicht dem Evangelium. Diese enge Verbindung von Thron und Altar (Staat und Kirche) wurde durch die Folgen des Ersten Weltkrieges beendet.
Die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen (1918-2006)
Mit dieser Verheißung an Seine Kirche beginnt der letzte Abschnitt unserer Chronik. Diese Verheißung gilt auch unserer Gemeinde, wenn sie bei ihrem HERRN Jesus Christus bleibt.Die Kirche löst sich vom Staat
Beinahe über Nacht ging in Deutschland die Epoche der Monarchie zu Ende. Auch der letzte sächsische König dankte ab. Er soll bei seiner Abdankung gesagt haben: „Dann macht doch euern Dreck alleene!“ Dieser Ausspruch galt den neuen Machthabern der Weimarer Republik. Aber auch die Kirche stand plötzlich „alleene“ da, zumindest was den Staat betrifft. Die neuen Machthaber praktizierten die Trennung von Staat und Kirche. Nun musste die Kirche sich auf einmal selbst verwalten: Das Bischofsamt wurde erstmalig seit der Reformation wieder eingeführt. Ein Landeskirchenamt übernahm die Funktion, die bis dahin das Kultusministerium wahrgenommen hatte. Bis 1918 wurden musste eine eigene Kirchensteuer eingeführt werden. Auch um den Religionsunterricht gab es Kämpfe.Die neue Selbstständigkeit eröffnete der Kirche große Chancen. Die Kirche musste lernen, dass sie sich nicht auf den Staat oder politische Mehrheiten verlassen darf, sondern allein auf ihren HERRN Jesus Christus und Sein Evangelium. Das 20. Jahrhundert brachte auch unserer Kirchgemeinde Herausforderungen und Kämpfe, in denen sich dieses Vertrauen auf Jesus bewähren musste.
Die zwanziger Jahre warn für unsere Kirchgemeinde eine fruchtbare Zeit des geistlichen Neubeginns: Seit 1923 fanden immer wieder Evangelisationen statt. Dadurch sollten besonders Menschen angesprochen werden, die dem Glauben entfremdet waren. Pfarrer Börner schreibt 1927 über eine bevorstehende Evangelisation im Kirchenblatt: „Evangelisation steht nunmehr in unserer Gemeinde kurz bevor. Evangelisation ist Kampf wider den Erbfeind Satan. Evangelisation soll Segen sein für unsere Gemeinde, soll Seelen gewinnen für Christus.“ Zu dem geistlichen Aufbruch in dieser Zeit gehört auch die Gründung unseres Posaunenchores im Jahre 1924. Im selben Jahr bekam unsere Kirche auch die beiden Buntglasfenster, und der zuvor wieder aufgefundene Marienschrein konnte nach seiner Restaurierung feierlich eingeweiht und an der vorderen Nordwand des Kirchenschiffes angebracht werden. 1926 kam Pfarrer Friedrich Gotthold Börner nach Markersbach. In seinen „Wünschen zum Amtsantritt“ schreibt er im Kirchenblatt:
„Angesichts meiner großen Verantwortung, die mir mit der Übernahme eures Pfarramtes auferlegt wird, ist meine höchste Bitte an euch: Betet für mich! Helft mir kämpfen mit Beten für mich zu Gott! Mein Wirken unter euch kann nur gesegnet sein, wenn es in allen Stücken von eurem Gebet begleitet ist. Die Mächte der Finsternis, Gottlosigkeit und Antichristentum haben alles Interesse daran, daß das Wirken eines Pastors in einer Gemeinde nicht zum Auftreffen und zur Entfaltung kommt. Die wirksamste Waffe dagegen ist das Gebet der gläubigen Gemeinde.“
Dieser Wunsch ist von der Gemeinde wohl treu erfüllt worden, denn das Wirken von Pfarrer Börner in Markersbach war gesegnet, und noch heute erinnern sich Ältere gern an ihn.
Die Kirche 1929 sowie die beiden Buntglasfenster, die Jesus als den guten Hirten und Johannes den Täufer zeigen.
Bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten gab es bei uns eine Jungschar. Aus den Berichten im Kirchenblatt kann man an Pfarrer Börners Einschätzung des Dritten Reiches beispielhaft die Einstellung der meisten Christen zum Nationalsozialismus erkennen: Da die Weimarer Republik zu hoher Arbeitslosigkeit und moralischem Verfall geführt hatte, verbanden sich mit dem neuen System zunächst große Hoffnungen. Der Nationalsozialismus versprach eine sittliche Erneuerung des Volkes. Auch kirchlich gesehen brachte er durch die sog. „Deutschen Christen“ (DC) frischen Wind in die Kirche. Die DC wollten den christlichen Glauben an die neue Zeit anpassen. Ziel war ein Christentum, das an typisch deutsche Eigenschaften anknüpft. Pfarrer Börner hoffte dadurch, dass Kirche und Volk wieder zu einer lebendigen Einheit würden. Er sah darin einen Weg, Menschen den Glauben neu nahe zu bringen. Aber bald war er sehr enttäuscht von dieser Bewegung, weil er erkennen musste, dass ihnen Hitler wichtiger war als Jesus Christus. Die DC wollten alles Jüdische aus dem Christentum entfernen: Das Alte Testament sollte durch germanische Mythen ersetzt werden. Außerdem sprach man nicht mehr von „Gottesdienst“. Man verwendete stattdessen den Ausdruck „Gottesfeier“. Die DC meinten im Namen des Fortschritts den Gottesdienst ändern zu müssen. Auch lehnten sie das Gesangbuch als zu altmodisch ab. Im Laufe des Dritten Reiches wurde die antichristliche Tendenz des Nationalsozialismus immer deutlicher. Der Kampf gegen die Kirche begann wie so oft mit dem Kampf um die Jugend: Kirchliche Jugendarbeit wurde durch Hitlerjugend (HJ) und Bund Deutscher Mädchen (BDM) ersetzt. Die antichristliche Tendenz war zunächst vielen nicht bewusst, weil selbstverständlich noch alle Jugendlichen konfirmiert wurden. Zum Kirchenkampf musste es schließlich kommen, als die Nationalsozialisten die evangelische Kirche durch die DC unterwanderten und zu einer Nationalkirche umgestalten wollten. Nach Pfarrer Börners Weggang von Markersbach im April 1937 begann der Kirchenkampf auch hier.
Kirchenkampf in Markersbach
Am 1. Juli 1937 kam der 27-jährige Pfarrvikar Gottfried Reichler nach Markersbach. Er gehörte zur sog. „Bekennenden Kirche“ (BK). Das war die Gruppierung, die treu am Bekenntnis der Kirche festhalten wollte und deshalb in Gegnerschaft zu den „Deutschen Christen“ geriet. Nun waren aber der zuständige Superintendent Leßmüller in Aue und der Landesbischof Coch in Dresden überzeugte DCler. Die Mehrheit der erzgebirgischen Pfarrer und Gemeindeglieder standen allerdings der BK nahe. Pfarrvikar Rechler war deshalb von Anfang an sehr beliebt und anerkannt in Markersbach. Als ein guter Hirte ließ er sich von den DC nicht einschüchtern. Mutig bezog er auch in den Predigten für das Evangelium Stellung. Das brachte ihm die Feindschaft des Superintendenten ein, der den Pfarrvikar daraufhin nicht ordinieren wollte. Aber die Ordination war die Voraussetzung dafür, dass Reichler auf Dauer Pfarrer von Markersbach werden konnte.In dieser Notsituation beschloss Pfarrvikar Reichler mit dem Kirchenvorstand einen Weg zu gehen, der von den Kirchenbehörden als Kampfansage verstanden werden musste: Er ließ sich am 29. Mai 1938 im Gottesdienst in unserer Kirche von dem bekenntnistreuen Superintendent Hammerschmidt aus Werdau ordinieren. U.a. assistierte dabei auch Pfarrer Rothardt aus Scheibenberg, der ebenfalls zur BK gehörte. Obwohl 90% der Kirchgemeinde auf Pfarrer Reichlers Seite standen, wie auch die große Mehrheit des Kirchenvorstandes, gab es eine kleine Minderheit, die diesen Vorgang beim Superintendenten in Aue anzeigten. Bereits am 30. Mai wurde Pfarrer Reichler vom Präsidenten des Landeskirchenamtes aus dem Dienst der Landeskirche entlassen und musste das Pfarrhaus binnen eines Monats verlassen.
Der Superintendent setzte einen alten DC-Pfarrer als Vertretung ein. Daraufhin begann die Gemeinde einen „Kirchenstreik“: Kaum einer besuchte die sog. „Gottesfeiern“. Stattdessen ging man nach Scheibenberg in den Gottesdienst. Außerdem setzte der Kirchenvorstand durch, dass zumindest einmal im Monat ein bekenntnistreuer Pfarrer aus der Ephorie einen Gottesdienst in unserer Kirche am Sonntagnachmittag halten durfte. Diese Gottesdienste waren dann sehr gut besucht! Pfarrer Reichler blieb zunächst im Pfarrhaus und wurde dann mit seiner Familie von Familie Richard Kreher in Unterscheibe aufgenommen. Von dort aus kümmerte er sich weiter um die Kirchgemeinde. Auch die Gemeinde sah in ihm ihren rechtmäßigen Pfarrer. Er besuchte Alte und Kranke, er hielt Kindergottesdienste und Bibelstunden in Privathäusern. Besondere Unterstützung erfuhr er auch durch die Landeskirchliche Gemeinschaft. Im Gemeinschaftshaus predigte er. Der Gemeinschaftsleiter Alfred Müller war auch stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes. Weil er mutig zu Pfarrer Reichler hielt, wollte der Superintendent ihn ebenfalls absetzten. Weil Pfarrer Reichler keinen Konfirmandenunterricht erteilen durfte, gingen die meisten Konfirmanden zu Pfarrer Rothardt in den Unterricht und wurden in Scheibenberg konfirmiert.
Doch die DC gaben nicht auf. Der Superintendent erreichte zusammen mit dem Landeskirchenamt, dass doch ein DC-Pfarrer nach Markersbach kam: Am 1. Mail 1939 begann Pfarrer Pohl seinen Dienst. Aber auch er wurde von der Gemeinde nicht akzeptiert. Zwar wurde Pfarrer Reichler im Oktober 1939 zur Wehrmacht einberufen. Aber die Freude Pohls und der DCler über diesen scheinbaren Sieg dauerte nicht lange: Im Februar 1940 bekam Pohl starke Erstickungsanfälle und konnte kaum noch sprechen, so dass er „fluchtartig ein besseres Klima aufsuchen“ musste, wie er selbst schreibt. Er kehrte zurück in seine Heimat Österreich und trat nach seiner Genesung dort in den Pfarrdienst ein.
Die klare, bekenntnistreue Haltung der Kirchgemeinde hat also schließlich alle Versuche, Markersbach in die Hände eines DC-Pfarrers zu geben, überwunden. Die Kirchenleitung musste nachgeben und entsandte am 16. November 1941 den bekenntnistreuen Pfarrer Gerhard Michael nach Markersbach. Da er aber noch als Soldat am Krieg teilnehmen musste, konnte er den Dienst in Markersbach erst am 16. Mai 1945 antreten. Bis dahin wurde unsere Kirchgemeinde von den Pfarrern Neubauer aus Grünstädtel und Hammerschmidt aus Neuwelt betreut.
Die Nachkriegszeit
Nach Kriegsende am 8. Mai 1945 gehörte Markersbach – nach kurzem Interim in der sog. „Freien Republik Schwarzenberg“ – zur sowjetisch besetzten Zone. Die Sowjets versuchten aus „ihrer“ Zone so viel Gewinn wie möglich zu schlagen, um sich dadurch für die Kriegsverluste zu entschädigen. Als sie im Erzgebirge das Uran entdeckten, gründeten sie die sog. „Wismut“. Mit dem Uran aus dem Erzgebirge betrieb die UdSSR nun ihre atomare Aufrüstung. Durch die Wismut siedelten sich viele Menschen im Erzgebirge an, Vertriebene aus den Ostgebieten und andere, die hier gut bezahlte Arbeit fanden.Die Nachkriegszeit war auch für Markersbach eine harte Zeit: Die Männer waren z.T. im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft. Die Wirtschaft lag am Boden. Ein politisches System war zusammengebrochen. Wie sollte es weitergehen? In diesen Jahren – auch durch die Erlebnisse des Krieges – fanden viele wieder zurück zum christlichen Glauben. Alles andere war erschüttert oder zusammengebrochen – da merkte man auf einmal wieder, was wirklich trögt und hält. Die Kirche war voll. Der Hunger nach Gottes Wort war groß. In Pfarrer Michael hatte die Gemeinde einen Hirten, der es wirklich ernst meinte und der sich für die geistliche Erneuerung der Gemeinde aufopferte.
Seit 1942 hatte unsere Kirche keine Glocken mehr. Sie waren zu Rüstungszwecken im ganzen Land eingesammelt und eingeschmolzen worden. Unter großen Opfern der Gemeindeglieder – mancher hatte seine wertvollen Familienzinnteller oder -kannen gespendet, denn es gab in dieser Zeit ja keine Rohstoffe zu kaufen – konnten am 18. Dezember 1949 die neuen Glocken eingeweiht werden. Unsere Kirche hat seither ein dreistimmiges Geläut. Die Glockensprüche lauten: für die kleine Tauf-Glocke: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig“, für die mittlere Gebets-Glocke: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“, für die große Toten-Glocke: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“ Und so rufen noch heute diese drei Glocken zum Glauben, zum Beten und unter Gottes Wort. Wenn sie umsonst rufen würden, dann wäre auch die ganze Mühe und das Opfer für die Beschaffung der neuen Glocken umsonst gewesen
Es ist ein besonderes Zeichen, dass die Glocken in dem Jahr wieder erklangen, als in der sowjetischen Zone die „Deutsche Demokratische Republik“ (DDR) gegründet wurde. Man mag daran erkennen, dass sich die Kirche auch in diesem atheistischen System nicht zum Schweigen bringen lassen wollte. Trotz materieller Not und kirchenfeindlicher Propaganda des Staates wuchs die Kirchgemeinde. Man kann durchaus von einer „Erweckung“ sprechen. Doch „wo Gott seine Kirche baut, da baut der Teufel seine Kapelle daneben“, wusste bereits Martin Luther. Das musste auch unsere Kirchgemeinde leidvoll erfahren!
Eine Erweckung zerbricht
Pfarrer Michael hatte den Kirchenkampf im Dritten Reich am eigenen Leib erlebt: 1935 musste er wegen seiner Treue zum Bekenntnis der Kirche und seiner mutigen Gegnerschaft zu den DC ins Konzentrationslager Sachsenburg. 1939 wurde er aus dem Pfarrdienst entlassen und erst 1941 wieder eingestellt. Er hat am Krieg als Soldat teilgenommen.In diesen Jahren kamen viele Christen zu der Überzeugung, dass unser Volk eine grundlegende Umkehr zu Gott vollziehen muss. Gottes Heiliger Geist schenkte vielen Gemeinden unserer Landeskirche eine tiefgehende Sündenerkenntnis. Sie entdeckten die befreiende Kraft der Beichte ganz neu. Gottes Geist belebte auch das Gebet, so dass sich vielerorts Gebetskreise bildeten. So auch bei uns in Markersbach: Etwa 70 Gemeindeglieder sammelten sich mit Pfarrer Michael in solch einem Kreis. Weil dieser Kreis durch gemeinsame Glaubenserfahrungen ein starkes Gemeinschaftsgefühl entwickelte, wurde er vom Rest der Gemeinde mit Sorge und z.T. mit Misstrauen beobachtet; wusste man doch um die Gefahr der Abspaltung – gerade in Markersbach – nur zu gut. Seit 1950 polarisierte sich das Gemeindeleben deshalb in Anhänger und Kritiker dieses Kreises. Dazu trug auch bei, dass Pfarrer Michael unter dem Einfluss der „Philadelphia-Bewegung“ des Christian Röckle aus Leonberg (Württemberg) stand.
Die weitere Entwicklung wurde damals von Kantor Josiger genau dokumentiert. Sie ist tragisch, zeigt sie doch, wie in eine Bewegung des Heiligen Geistes fremde Geister eindringen können, wenn man das Bekenntnis der Kirche verlässt. Das geschah Ostern 1952: Eine sog. „Prophetin“ der Philadelphia-Bewegung, Hanna Faiß, kam aus dem Schwarzwald, um in unserer Kirche Evangelisationsvorträge zu halten. Kantor Josiger schreibt über sie:
„Ihr Auftreten ist faszinierend und von einem Wortschwall ohne gleichen begleitet. Diese Frau ist der Schwarmgeist in Person. Sie ist die Urheberin der Wiedertaufen in Markersbach geworden. Ich konstatiere: Ohne Schwarmgeisterei keine Wiedertaufe!“
Dieses Urteil über Frau Faiß wurde später sogar von Christian Röckle bestätigt. Der Sektenforscher Kurt Hutten schreibt: „1956 musste Röckle Frau Hanna Faiß, die als ‚Sonnenweib’ auftrat, bescheinigen, dass sie unter satanischem Einfluss stehe und von einem hochmütigen Lügengeist umgetrieben sei.“ Leider wurden einige Gemeindeglieder von ihr verführt. So kam es seit der Anwesenheit der Frau Faiß zu sog. „Wiedertaufen“ unter den Angehörigen des o.g. „Kreises“. Auch Pfarrer Michael und seine Familie ließen sich noch einmal taufen. Das war der Bruch mit der Kirche. Die Verwirrung in unserer Kirchgemeinde war so groß, dass unser Landesbischof Hahn einen Hirtenbrief an die Gemeinde richtete:
„Hirtenbrief des Landesbischofs an alle Glieder der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Markersbach
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit starker Anteilnahme und großer Sorge habe ich die Vorgänge verfolgt, durch die das kirchliche Leben in Eurer Gemeinde in letzter Zeit beunruhigt worden ist. Dabei sind einzelne Gemeindeglieder in ihrem Glauben irregeleitet und in ihrem Gewissen verwirrt worden. Den eigentlichen Anlaß dazu hat Euer bisheriger Ortspfarrer Gerhard Michael gegeben, der mir seit langem wohl bekannt ist und den ich in der Zeit des Kirchenkampfes unter der nationalsozialistischen Herrschaft um seiner tapferen Glaubenshaltung und seiner freudigen Einsatzbereitschaft willen persönlich liebgewonnen und hoch geschätzt habe. Um so schmerzlicher ist es mir und meinen Brüdern in der Kirchenleitung, daß er uns jetzt erklärt hat, er sei zu ‚Erkenntnissen geführt worden, die weder mit der Tradition noch mit der heutigen Auffassung der Ev.-Luth. Kirche von Lehre und Ordnung in Einklang zu bringen waren.“ Das ist am deutlichsten sichtbar geworden in der Tatsache, daß er an sich und an seiner Familie die sogenannte „Glaubenstaufe“ hat vollziehen lassen. Dadurch hat er sich, wie er selbst schreibt, „offenbar in Widerspruch nicht nur zum Bekenntnis, sondern auch zu der heutigen Lehre und Ordnung der Ev.-Luth. Kirche gesetzt.“ Es war eine betrübliche, aber unausweichliche Folge, daß er daraufhin sein Amt als Pfarrer niederlegte und wir ihn aus dem Dienst unserer Kirche entlassen mußten.
Worin besteht nun der grundlegende Gegensatz zwischen der Auffassung, die Pfarrer Michael und seine Freunde vertreten, und der Lehre der Heiligen Schrift, wie sie Gott durch die Reformation wieder ans Licht gebracht hat? Ich möchte Euch, liebe Brüder und Schwestern, diesen Gegensatz an dem Beispiel der Heiligen Taufe aufweisen:
Die sogenannte „Glaubenstaufe“, die bei Euch vollzogen worden ist an Gliedern unserer Kirche, die schon als Kinder getauft wurden, ist eine Wiederholung der Taufe. Wer die Taufe bei anderen wiederholt oder an sich selbst erneut vollziehen läßt, erklärt sich auf jeden Fall gegen die Gültigkeit der in der Kirche vollzogenen Taufe. Er weicht damit in zweifacher Weise von unserem ev.-luth. Glauben ab. [...]
Ihr werdet verstehen, daß hier tatsächlich die Irrlehre gegen die rechte Lehre steht. Ich kann nur dem zustimmen, was die theologische Fakultät einer deutschen Universität in einem Gutachten geurteilt hat: ‚Die Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit der Taufe steht in der ganzen Kirchengeschichte und in allen christlichen Konfessionen außer Diskussion ... Die evangelische Kirche würde das reformatorische Verständnis des Evangeliums verleugnen, wenn sie nicht die Taufe eines Erwachsenen, der schon einmal als Kind getauft war, als Wiedertaufe und damit als Irrglauben kennzeichnete.’
So ermahne ich nun ganz dringend alle diejenigen Gemeindeglieder unter Euch, die die Wiedertaufe empfangen haben oder sich mit dem Gedanken tragen, sich wiedertaufen zu lassen: Sagt diesem Irrglauben ab und haltet Euch wieder treulich zur Gemeinde Gottes und Seines Sohnes Jesu Christi in unserer teuren Evangelisch-Lutherischen Kirche! Versammelt Euch fleißig unter Gottes Wort, wo es lauter und rein verkündigt wird, und gebraucht die heiligen Sakramente, wo sie dem Worte Gottes und dem Bekenntnis unserer Glaubensväter gemäß recht verwaltet werden. Wer trotzdem bei dieser Irrlehre verharrt, muß wissen, daß er uns zwingt, ihn zu denen zu zählen, die sich selbst von unserer Kirche getrennt haben.
Unser Herr Christus hat – uns allen zum Vorbild, zum Trost und zur Freude – so gebetet: „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, daß sie eins seien gleichwie wir.“ (Joh 17,11). So wollen auch wir alle, Ihr als die Evangelisch-Lutherische Gemeinde in Markersbach und wir als die Kirchenleitung, in herzlicher Fürbitte der Brüder und Schwestern gedenken, die sich noch von uns getrennt halten, und miteinander beten:
‚Erfülle mit dem Gnadenschein, die in Irrtum verführet sein, auch die so heimlich noch ficht an in ihrem Sinn ein falscher Wahn. Und was sich sonst verlaufen hat von dir, das suche du mit Gnad, und ihr verwundt Gewissen heil, laß sie am Himmel haben teil.’ Amen.
Es grüßt Euch als Euer Landesbischof mit dem apostolischen Segenswort: „Und nun, liebe Brüder, befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu erbauen und zu geben das Erbe unter allen, die geheiligt werden.“
Amen
Radebeul, den 13.8.1952
(gez.) D.Hahn.“
Am Sonntag, dem 7. September 1952, kam der Bischof schließlich selbst nach Markersbach, um die verwirrte Herde wieder zu sammeln. Manche Glieder des Kreises kehrten bewusst zur Kirche zurück, andere bildeten eine Baptistengemeinde in Markersbach, die aber bald wieder durch interne Streitigkeiten zerfiel.
Treue
„Treue“ ist das Wort, das über der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in unserer Kirchgemeinde steht: In treuer Arbeit ist die Kirchgemeinde nach den Erschütterungen wieder gebaut worden. „Treue“ war und ist die wichtigste Eigenschaft in dieser Zeit.1953 begann in der DDR der staatliche Kampf um die Jungen Gemeinden. Wieder einmal versuchte ein totalitärer Staat die Jugend zu gewinnen – nach dem Motto: „Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ – auch wenn es sich in den meisten Fällen nicht um offene Gewalt, sondern um subtilere Formen der Gewalt, wie Verächtlichmachung von christlichen Schülern und Benachteiligung bei der Berufswahl handelte. Ein teuflisches Mittel in diesem Kampf um die Jugend war die Einführung der „Jugendweihe“ im Jahr 1954. Nahmen zuerst weniger als 20% der Jugendlichen daran teil, steigerte der Staat diesen Prozentsatz auf schließlich 98%, in dem er die Jugendweihe zur Voraussetzung für die meisten Berufe machte. Diese Zahlen gelten für das gesamte Gebiet der DDR. Bei uns wie auch im ganzen Erzgebirge war der Staat nicht so erfolgreich. Viele Christen nahmen lieber Nachteile in Kauf, als Schaden an ihrer Seele zu nehmen. In den ersten Jahren kämpfte die Kirche sehr gegen die Jugendweihe. Da die Jugendweihe eindeutig ein atheistisches Gegenstück zur Konfirmation war, konnten Jugendgeweihte nicht gleichzeitig konfirmiert werden. Später lockerte die Kirche ihre Haltung und erlaubte die Nachkonfirmation ein Jahr darauf.
So ist es der DDR gelungen, durch Druck und Propaganda einen großen Teil des Volkes der Kirche zu entfremden. Die Entwicklung der Kirchgemeindegliederzahlen zeigt das deutlich: Zwischen 1969 und 1989 hat unsere Kirchgemeinde die Hälfte (über 1000!) ihrer Glieder verloren! Dazu trug allerdings auch die Umsiedlung der Bewohner von Obermittweida im Zuge des Baus des Pumpspeicherwerks ab 1969 bei. Pfarrer Helmut Günnel hat die Gemeinde von 1953 bis 1968 wieder treu unter Gottes Wort zusammengeführt.
Von 1969 bis 1984 war Pfarrer Karl-Heinz Schmidt Pfarrer in Markersbach. Pfarrer Schmidt hatte die besondere Gabe des „geistlichen Humors“. In einer Zeit, in der viele Menschen vom Absterben der Kirche sprachen, hat er den Sieg Jesu über Sünde, Tod und Teufel verkündigt. Und schon die ersten Christen kannten das Osterlachen über den besiegten Teufel – denn: Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Seit jeher ist Markersbach eine musikalische Kirchgemeinde. Treue und engagierte Kantoren trugen dazu bei. Von 1982 bis 2000 war Kantor Hermann in der Miebe. Die politische Wende, die schließlich zur Wiedervereinigung unseres Volkes führte, wurde auch in Markersbach von Christen angestoßen und mitgetragen: Unser Pfarrer Uhlig war dabei gemeinsam mit Pastor Hunger von der Methodisten-Gemeinde aktiv. In großer Treue wurde auch in dieser Wendezeit das Wort Gottes wie Samenkörner in die Herzen gesät. Manche Träne wird die Aussaat begleitet haben, vor allem aber das flehende Gebet um reiche Ernte: Möchten doch viele Menschen in unserem Ort zum lebendigen Glauben an unseren HERRN Jesus Christus kommen!
Am 16. Juli 1995 erlebte die Kirchgemeinde seit 42 Jahren wieder eine Ordination: Unter Gebet und Handauflegung wurde Gaston Nogrady von Superintendent Kircheis unter Mitwirkung von Pfarrer Karl-Heinz Schmidt und Pfarrer Reinhard Sander zum Pfarrer ordiniert.
Gott baut seine Gemeinde durch Seinen Segen. Mit dieser Zuversicht gehen wir in die Zukunft. Auf dem Fundament der Apostel und Propheten, auf dem die Vorfahren treu die Kirche Gottes gebaut haben, wollen wir weiterbauen.
„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“